EURO 2012: Wer setzt sich in der Todesgruppe B durch?

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Morgen um 18:00 Uhr wird in Warschau das Eröffnungsspiel der diesjährigen Fussball-Europameisterschaft angepfiffen. Nach etlichen politischen Querelen vor allem rund um Polens Co-Gastgeber Ukraine darf man sich bis zum 1. Juli nun ausschliesslich auf den Fussball konzentrieren. Wer sind die Favoriten für den Titel? In einer zweiteiligen Serie gelangen jeweils zwei Gruppen in den Fokus und werden dementsprechend ausgeleuchtet.

Russland in der Gruppe A wohl konkurrenzlos

Respect-Choreo anlässlich der Eröffnungsfeier der UEFA EURO 2012 (Bild ab TV)

Für Gelächter bei der Auslosung sorgte die Aufstellung der Gruppe A. Mit Polen, Russland, Tschechien und Griechenland sind wohl keine Hochkaräter zu finden, was die Gruppe aber auch sehr spannend macht. 2004 ist Griechenland immerhin Europameister geworden, der Glanz ist aber spätestens seit der EM 2008 verblasst. Die auch in der Schweiz und Italien gern angewendete Réduit-Taktik mit einer 11-Mann-Verteidigung ist ebenso vergänglich wie die Verlässlichkeit auf Konter. Zweifelsohne in der Favoritenrolle zu sehen ist der Halbfinalist der letzten Ausgabe, Russland. Arshavin und Pavlyuchenko haben zwar nach einer glänzenden EURO 2008 in westeuropäischen Ligen nicht eingeschlagen wie erwartet, dennoch sind sie nicht zu unterschätzen und gelten zu Recht als einer der drei Kronfavoriten auf den Titel, freilich nebst Spanien und Deutschland. Die Frage, wer sich zu Russland in den Viertelfinals gesellen wird, gestaltet sich als schwierig. Der Glanz der Tschechen ist nach dem Rücktritt eines Pavel Nedved verblasst, einzig der Torhüter in Diensten des CL-Siegers FC Chelsea, Petr Cech, darf sich noch das Attribut Weltklasse anheften. Nicht unterschätzen darf man Gastgeber Polen, der sich auf dem Heimvorteil verlassen kann – sie werden es wohl besser machen als die Schweiz und Österreich vier Jahre zuvor. Zudem verfügen sie mit Dortmund-Legionär Robert Lewandowski über einen hervorragenden Stürmer. Auch das restliche Kader kann sich sehen lassen, so dass manch einer die Polen als Geheimfavoriten der diesjährigen Europameisterschaft auf dem Zettel hat.
Das griechische Kader besitzt im Gegensatz zu früheren Jahren keine klingenden Namen mehr, auch der Geist eines Otto Rehhagel hat die Hellenen genauso wie die Finanzkraft längst verlassen, womit den Griechen wohl nur der letzte Gruppenplatz bleiben wird.
Ranglistentipp: 1. Russland, 2. Tschechien, 3. Polen, 4. Griechenland

Vierkampf in Gruppe B

Zweifelsohne die interessanteste und auch haarsträubendste Gruppe ist diejenige mit Deutschland, Portugal, Dänemark und den Niederlanden. Portugal erreichte 2004 im eigenen Land den zweiten Platz, die anderen wurden mindestens einmal Europameister. Im Rennen um Platz eins wird man um Deutschland wohl kaum herumkommen, sie besitzen eines der kompaktesten Teams der EURO 2012. Neuer, Schweinsteiger, Götze, Gomez und Co. sind stets schwer einzuschätzen. Schwachen Leistungen in der Gruppenphase folgen meist Dominanzen in den K.O.-Runden, so dass sie wohl erst im Final gebremst werden können, man denke nur an die EURO 2008 in der Schweiz und Österreich. Doch solche Hänger liegen dieses Jahr nicht drin, denn für einmal bekundeten die Deutschen kein Losglück – 2012 ist die Konzentration von Anfang an gefragt, was sich konditionell vielleicht negativ auf die Finalrunde auswirken kann. Die 3:5-Testspielniederlage gegen die Schweiz, welche vor allem in der Eidgenossenschaft für Euphorie sorgte, wird der Mannschaft genauso wenig schaden wie die Champions League-Finalniederlage des FC Bayern München gegen Chelsea, denn diese beiden Resultate werden wohl zusätzliche Motivationsschübe für die Equipe von Joachim Löw darstellen. Es bleibt abzuwarten, wie viele Male der den klingenden Namen Tango tragende offizielle Spielball der EURO 2012 den Weg ins gegnerische Tor finden wird, zumal Löw mit Gomez und Klose zwei hervorragende Angreifer zur Verfügung stehen, die jedoch nicht minder umstritten sind.
Die Niederlande um Wesley Sneijder wiederum verzauberten vor vier Jahren in den Gruppenspielen die Schweiz und insbesondere Bern, um danach im in Basel ausgetragenen Viertelfinal gegen Russland in der Verlängerung mit 1:3 den Kürzeren zu ziehen, aber nur um sich an der WM 2010 erst im Final von den Spaniern geschlagen zu geben. Der grosse Hoffnungsträger der Niederlande ist Arsenal-Knipser Robin van Persie, aber auch das Mittelfeld um Wesley Sneijder und Rafael Van der Vaart sollen für matchentscheidende Impulse sorgen. Immer noch schmerzlichst vermisst wird wohl Goalielegende Edwin Van der Sar, trotz guten Leistungen kann ihn sein Nachfolger Maarten Stekelenburg nicht vergessen machen. Ob den Niederländern das Wiederholen der Glanztat von 2010 gelingt, hängt von der Konzentration ab. Bert van Marwijk sorgte im Vorfeld leider wegen dem Knatsch um den Stürmerposten (Van Persie gegen Huntelaar) für Negativschlagzeilen. Die Niederländer verfügen zweifelsfrei über die stärksten Offensivkräfte. Nebst den bereits erwähnten Akteuren um Sneijder, Van der Vaart, Persie und Huntelaar darf man auch den Bayern-Legionär Arjen Robben nicht vergessen, auch wenn der in jüngster Vergangenheit eher durch verschossene Elfmeter und den Hang zum Egoismus statt zur Genialität für Schlagzeilen sorgte.
Paulo Bentos Portugal wiederum bekundete an Endrunden und Qualifikationen zu diesen erhebliche Probleme, bei den Qualis zur WM 2010 und zur EURO 2012 fanden man sich jeweils hinter dem EM-Gruppengegner Dänemark wieder, um danach beide Male gegen Bosnien-Herzegowina doch noch den Sprung an die Endrunden zu schaffen. Doch auch an diesen enttäuschten die Lusitaner, 2008 und 2010 war in der ersten K.O.-Runde Schluss, auch vor allem weil Superstar und seit Kurzem auch Kapitän Cristiano Ronaldo eher durch grosse Ankündigungen im Vorfeld als mit seinen Leistungen im Trikot der Nationalmannschaft aufgefallen war. An der WM 2010 erzielte er nur beim 7:0 gegen Nordkorea einen Treffer und beendete eine 16-monatige Durststrecke. Die Fragen nach dem Willen sind durchaus berechtigt, betrachtet man seine über 40 Tore in der spanischen Meisterschaft. 32 Tore in 89 Spielen sind den fussballverrückten Iberer zu wenig. Das grösste Problem der Portugiesen ist die auf dem Papier hohe Leistungsdifferenz zwischen Cristiano Ronaldo und dem Rest der Mannschaft, zudem wird dem Stürmerstar von Real Madrid auch von den eigenen Landsleuten Egozentrik, Egoismus und Eigenbrötlerei vorgeworfen. Ein zweiter Mittelpunkt, wie es der inzwischen zurückgetretene Luis Figo bei der EM 2004 oder der WM 2006 (als Portugal ins Halbfinal gelangte) war, fehlt eindeutig, genauso viel wie einer der Cristiano Ronaldo bei dessen Egonummern den Kopf waschen würde. Die Hoffnungen lasten auf dem an der WM 2010 verletzungsbedingt abwesenden Flügelspieler in Diensten von Manchester United, Nani. Bleibt zu hoffen, dass er die Erwartungen erfüllen kann. Das Weiterkommen hängt stark davon ab, inwiefern sich Cristiano Ronaldo in das Team eingliedern kann und wie gut seine Leistungen an der EURO 2012 sein werden. Die vermutlich erste Entscheidung wird schon am Samstag fallen, wo Deutschland und Portugal aufeinandertreffen.
Die auf dem Papier schwächste Equipe, Dänemark, darf sich trotzdem berechtigte Hoffnungen auf eine Viertelfinalqualifikation machen: Man hat bewiesen, dass man stärker als Portugal sein kann, zumal die Equipe von Trainer Morten Olsen die Reise an die Endrunden bereits auf dem direkten Weg buchen konnten. Individualisten besitzen die Nordeuropäer zwar keine, aber dafür eine geschlossene Mannschaftsleistung. Auch die Liga ist nicht zu unterschätzen, in den letzten Jahren haben regelmässig Teams aus Dänemark an der Champions League teilgenommen, der FC Kopenhagen hat gar mit dem Erreichen der Achtelfinals für ähnliche Furore gesorgt wie der FC Basel oder APOEL Nikosia dieses Jahr.
Ranglistentipp: 1. Deutschland, 2. Niederlande, 3. Portugal, 4. Dänemark
Viele Schweizer würden natürlich gerne die Niederländer und die Portugiesen vorne sehen, auch wenn sie es nicht ehrlich zugeben würden – Überraschungen sind nicht ausgeschlossen!

Siehe auch

  • Fussball: EM-Auslosung bringt Kuriositäten mit sichCabo Ruivo vom 3. Dezember 2011
  • Links

  • Spielplan der UEFA Euro 2012 in Polen und der Ukraine
  • Offizielle Website der UEFA Euro 2012
  • 1 thought on “EURO 2012: Wer setzt sich in der Todesgruppe B durch?

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