Die Bilder aus Grossbritannien von Anfang August sind noch präsent, als massenweise Strassenzüge von Unruhestiftern zerstört wurden. London, Manchester und Birmingham schienen weit weg, doch jetzt hat sich auch die grösste Stadt der Schweiz zu einem Tummelplatz für Krawallmacher gemausert. Doch – was ist das Problem?
Vor einer Woche: Tatort Bellevue
Eine als Racheakt organisierte illegale Strassenparty am Zürcher Bellevue artete vor Wochenfrist nach dem Eingreifen der Polizei aus. Während das britische Pendant im Parlament über den Einsatz von Gummischrot gegen die Krawallmacher debattieren musste, machte die Zürcher Stadtpolizei kurzen Prozess und ging nebst Gummischrot auch mit Tränengas gegen ihre Gegner vor – die Unterführung des Bahnhofs Stadelhofen war eingehüllt. Dabei wurden auch Unschuldige von Gummischrot getroffen, auf eine Reaktion auf diese Aktion wartet man bis heute vergeblich. Die Kosten für den Einsatz wird vermutlich auf den Steuerzahler abgewälzt, doch ehrlich gesagt, den Zürchern schadet das nichts, sie haben das Leben ihrer Stadt sowieso schon seit geraumer Zeit nicht mehr im Griff. Und daran sind weder die zur Zeit regierenden SP noch die Grünen alleine schuld, die Politiker bekämpfen sich ja schliesslich lieber gegenseitig, als mal auf den Putz zu hauen und vielleicht mal parteiübergreifend für Zucht und Ordnung zu sorgen. Die Party wurde von den Organisatoren als Racheakt gegen diverse Polizeieinsätze gegen ähnliche Anlässe in der Vergangenheit bezeichnet. Die Meinungen der Bevölkerung gehen weit auseinander, die Spannweite reicht von bösen Polizisten bis zur bösen Jugend. Direkt geäussert hat sich noch niemand, weder Stadtpräsidentin Corine Mauch oder sonst wer. Vielleicht hat sie auch noch nichts mitbekommen, denn als ich einmal eine Ausstellung im Stadthaus zürich besuchte, sah ich, dass ihre Klingel defekt war.
Der Grund für die Eskalation war die Aufforderung der Polizei an Anwesende, die auf das Empfangsgebäude der Tramstation geklettert waren. Der Aufenthalt dort wäre wegen Einsturzgefahr zu gefährlich, dabei wurde doch das Gebäude vor kurzem saniert, oder? Aber man hat auf Dächern von Gebäuden nichts zu suchen, es sei denn man ist Dachdecker oder Zimmermann.
Beitrag der Tagesschau am Mittag vom 11. September 2011
Gestern dann weitere Ausschreitungen
Gestern wurde im wahrsten Sinne des Wortes zweimal zugeschlagen. Nachmittags forderten rechtskonservative und christliche Kreise, darunter auch die Eidgenössisch-Demokratische Union, die ja zusammen mit der SVP die Anti-Minarett-Initiative ins Spiel gebracht hatte, zu einem Marsch fürs Leben auf. Ziel dieses Marschs war, gegen Abtreibung zu protestieren. Linksautonome riefen dann zu einer Gegenveranstaltung auf, um die Demo zwischen Helvetiaplatz und Stauffacher zu stören. Auch hier fuhr die Polizei mit Gummischrot auf. Klar ist es unfair, sich zu vermummen und mit Gewalt zu protestieren, jedoch ist für mich die Abtreibung ein Menschenrecht und wer dagegen ist, ist auch ein Verbrecher. Ich würde mal sehen, was solche Gegnerinnen machen würden, wenn sie bei einer Vergewaltigung geschwängert werden und der Sprössling womöglich noch ein Ebenbild des Gräueltäters ist.
Bereits in der Nacht zuvor haben sich wieder 200 Personen am Helvetiaplatz zu einer Party versammelt und zogen von dort aus in Richtung Kreis 4, wo an der Ecke Militär-/Langstrasse die Polizei wartete und die Kundgebung auflöste.
Beitrag der Tagesschau-Hauptausgabe vom 17. September zu den Ereignissen am gestrigen Tag
Der Höhepunkt in der Nacht auf heute
In der Nacht auf heute folgte dann der bisherige Höhepunkt. Rund um den HB und das Central kam es zu erneuten Zusammenstössen zwischen Randalierern und der Polizei. Dabei wurde unter anderem auch der Verkehrsfluss der VBZ behindert. Grund für die neuste Eskalation war eine von der Stadtpolizei durchgeführte Kontrolle. Auch hier wurden Tramhäuschen beschädigt, kleinere Feuer gelegt und sogar Feuerwerk in die Menge geschossen. Des Weiteren wurden Autos beschädigt, komisch ist nur, warum Tele Züri ihren Firmenwagen an solch exponierter Stelle parkte. 80 Festnahmen wurden vorgenommen. Trotz Polizeipräsenz waren die Scharmützel erst um 2 Uhr in der Früh beendet.
Bericht der Tagesschau am Mittag vom 18. September 2011
Falsche Handhabung mit gewissen Problemen
Das Problem ist jedoch, dass aufgrund diverser Gesetze spätestens um 2 Uhr in der Früh mit bewirtschafteten Lokalen fertig ist, will man keine einstündige Verlängerung beantragen und bezahlen. Hier ist die Schweiz noch konservativ gefärbt, denn immer noch gilt der Sonntag bibelgetreu als Feiertag, obwohl inzwischen auch hier Zeitungen an diesem Tag erscheinen. Jedoch absolviert kaum mehr einer der jüngeren Generationen sonntags seinen wöchentlichen Kirchgang, die Gesellschaft hat sich gewandelt, die Politik aber nicht. Weil aber diese Uhrzeit für jüngere Generationen wahrlich ein bisschen zu früh ist um zu Bett zu gehen, gibt es halt solche Menschenansammlungen an öffentlichen Orten. Weil es aber in der Nacht ist, stören sich wieder zahlreiche Anwohner daran. Als gutes Beispiel in dieser Problematik ist Brunnen/SZ zu nennen, wo die Anwohner eines geplanten Eventplatzes unter anderem für den Circus Knie Rambazamba bis spät in die Nacht befürchten und als “Begründung” zu Unrecht ein kurz zuvor stattgefundenes Rockfestival vorwiesen. Es gäbe eine gute Lösung, die solche Krawallakte in Zukunft verhindern würde, stellt den Jugendlichen einen Platz zur Verfügung. Und wenn ihr danach den Abfall nicht entsorgen wollt, dann stellt halt genug Abfalleimer hin und hört mit der Tradition auf, diese immer mehr abzumontieren. Die SBB und Stadler Rail haben in der neusten Regionalverkehrsgeneration Stadler KISS als Krönung auf Abfalleimer in den Abteilen der zweiten Klasse verzichtet.
Verwunderlich ist auch, dass sich Toni Brunner bisher nicht in Sorge über das Image der Schweiz wegen den Unruhestiftern geäussert hatte… Denn obwohl nach den neusten Ereignissen vor allem auf der rot-grünen Stadtregierung Zürichs herumgehackt wird, und gesagt wird, dass bürgerliche (ich drücke es mal human aus) Kreise die Angelegenheit viel besser gelöst hätten, möchte ich doch auf den Nationalfeiertag der letzten Jahre und insbesondere das Rütli und Brunnen hinweisen. Ich habe – wie die Blogeinträge sicherlich gezeigt haben – eine eher sozialdemokratische Einstellung, aber eine solche mit Vernunft. Ich würde mich niemals vermummen und mit Pflastersteinen um mich werfen, da ich weiss, dass man so nichts erreicht. Dasselbe gilt übrigens auch mit dem ganzen An-die-Bäume-ketten. Das Einzige, was man kriegt, ist ein Knastaufenthalt und der ist nicht gerade billig. Und daher habe ich langsam aber sicher die Schnauze voll, dass immer die Linken an allem schuld sind, weil sie auf alles einprügeln. Man muss endlich aufhören, alle immer in denselben Topf zu werfen. Um jetzt den Bogen zu den Krawallen zu schlagen, wage ich jetzt mal zu sagen, dass nicht alle 1000 Teilnehmer der Bellevue-Party Chaoten waren, sondern nur ein kleiner Prozentsatz. Die Polizei verhaftete ja nur eine einzige Person.
Das zweite Problem ist, analog zu Grossbritannien, die möglicherweise fehlerhafte Erziehung. Insbesondere in den Städten ist es Usus, dass beide Elternteile 100 Prozent arbeiten und das Kind den Tag bei einer Tagesmutter oder in der Kinderkrippe verbringt. Auch hier sollen mal Schranken gesetzt werden. Wer aus beruflichen Gründen nicht auf sein Kind aufpassen kann, der soll halt aufs Kinderkriegen verzichten, oder zumindest warten, bis es möglich ist, dass stets ein Elternteil zu Hause ist. Leider müssen vielfach beide Elternteile einer Tätigkeit nachgehen, um den selbst auferlegten Lebensstandard finanzieren zu können.
Just zum richtigen Zeitpunkt sendet das Schweizer Fernsehen eine DOK-Serie zur Langstrasse und zum Chreis Cheib, weil nirgendwo wie hier so viele Gegensätze aufeinanderprallen. Doch vielleicht ist genau das der Grund. Jeder Schweizer, der das Wort Langstrasse hört, denkt sofort an Bordelle, Nutten und Zuhälter. Den Vorurteilen über den Kreis 4 entgegenwirken will aber auch niemand.
aktuelle Folge der SF DOK-Serie Zürich Langstrasse
2 thoughts on “Im August auf der Insel, jetzt in Zürich”
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