Wasserraketen: Sieht lustig aus, aber bitte Vorsicht!

Magazin Physik Technik Wissenschaft

Physik, das is’ doch mit diesem Newton oder so? Ja klar, doch ohne Physik geht nichts in unserer technisch doch recht fortgeschrittenen Welt. Ob die Raddampfer auf dem Vierwaldstättersee, die Eisenbahn, und, und, und. Für viele ist Physik Teil ihres Freizeitlebens. Nun hat sich in Deutschland ein neuer Sport entwickelt, der zu grosser Beliebtheit gelangt ist und auch den Weg ins Fernsehen geschafft hat.

Die Rede ist vom Bau von Wasserraketen. Per Zufall stiess ich auf die ARD-Sendung Die grosse Show der Naturwunder mit Frank Elstner und Ranga Yogeshwar, wo ein Hobbybastler namens Andreas Becker im Rahmen einer Kandidatenfrage eine solche Wasserrakete zusammenbaute. Die Idee ist überhaupt nicht schlecht, und man kann selber ziemlich einfach so eine Rakete basteln: Erstens macht sie kein Lärm, zweitens geht von ihr keine Brandgefahr aus und drittens sind sie mit handelsüblichen Dingen wie PET-Flaschen herzustellen. Bastelanleitungen kursieren haufenweise im World Wide Web. Klar gibt es auch gewisse Risiken, denn auch hier muss man aufpassen, dass einem die Rakete nicht auf den Kopf fällt. Zudem existieren Nebenwirkungen wie nasse Kleider oder eine Überschwemmung auf dem eigenen Platz. Doch wie funktioniert diese Rakete? Aber wohlgemerkt, dieser Artikel soll nicht nur als Ermutigung dienen, denn sie ist nicht ganz ohne. Man muss einiges beachten.

Das Rückstossprinzip

Das dritte Newton’sche Axiom, das Wechselwirkungsprinzip wird ganz banal mit folgenden lateinischen Wörtern bezeichnet: Actio est reactio. Jede Kraft erzeugt eine gleichgrosse Gegenkraft, die auf die Ursache der Kraft zurückwirkt. Sprich, das Rückstossprinzip. Stösst man sich, auf einem Stuhl mit Rädern sitzend, vom Schreibtisch ab, so gleitet man mit derselben Kraft dahin, mit der man sich vom Tisch abgestossen hat. Um eine möglichst hohe Kraft bei der Wasserrakete zu erhalten, wird per Fahrradpumpe Luft in die zu einem Drittel mit Wasser gefüllten Etagen aus PET-Flaschen gepumpt. Wird nun das Ventil weggezogen, so schiesst das Wasser unter hohem Druck aus der Flasche und die Rakete wird wegkatapultiert. Die Kraft, die das Wasser beim Verlassen der Flaschen hat, wirkt nun auf die Rakete selbst. Das Wasser dient dabei nur als Verstärkung, die wichtigste Zutat ist die Luft, die jedoch ohne Wasser zu schwach wäre. Bei der TV-Sendung wurde das Wasser zur besseren Darstellung mit Spülmittel versehen, normalerweise ist es jedoch nicht zu empfehlen, denn wer will es schon reinigen? Und wer erklärt die Plastiktrümmer in des Nachbars Garten?

Da eine grosse Energie beim Pumpen auf die Rakete wirkt, ist ein gebührender Sicherheitsabstand empfehlenswert, falls die Flaschen platzen. Ebenfalls soll man beim Start in einem sicheren Abstand zur Rakete stehen. Die Öffnung des Ventils wird am besten nicht von Hand sondern per Reissleine vollbracht, und dies auch in sicherer Entfernung.

Höhenflüge sind nicht zu erwarten

Jedoch sind bei diesem Experiment keine Höhenflüge zu erwarten, und das ist auch besser so. Als Formel gilt: h=0.5*g*t^2, wobei g die Erdbeschleunigung (9,81 m/s2) und t die Fallzeit der Rakete sind.

Aber vielleicht wäre es mal eine weniger stinkende Alternative zur Feuerwerksrakete am 1. August, und bringt je nach Hitze tagsüber und Abschussort noch eine mehr oder weniger erfreuliche Abkühlung durch die Anwesenden. Es ist ratsam, nein sogar obligatorisch, die bereits mehrfach erwähnten Sicherheitsregeln zu beachten, wenn man unbedingt so eine Rakete bauen will.

Risiken

Ich persönlich würde es witzig finden, doch ich persönlich würde keinen Bau einer solchen meterhohen Rakete wie im Fernsehen in Betracht ziehen. Eine einzige PET-Flasche tut es auch, zudem existieren auf YouTube haufenweise Videos über Starts von Wasserraketen. Also, liebe Kinder und die es in sich selbst noch sind, bitte spielt nicht Daniel Düsentrieb oder so was ähnliches. Fangt doch eher klein an und achtet auf folgende Tipps:

In der Sendung wurde die Rakete mit einem Kompressor aufgepumpt. Das ist zweifelsohne für eine Wasserrakete solcher Grösse in Ordnung. In der Praxis werden meist kleinere Objekte angefertigt, und es gilt eine wichtige Regel: Der zugeführte Druck darf den Maximalwert von 10 Bar – entspricht etwa 10’000 Hektopascal und dem zehnfachen Luftdruckt, nicht überschreiten, da sonst das Platzen der Flaschen droht. Dieser Grenzwert wurde in der Sendung nicht genannt. Deshalb ist es ratsamer, mit einer Fahrradpumpe die Luft zuzufügen. Und als oberstes Gebot gilt: Nur PET-Flaschen benützen, keine Glasflaschen. Zudem ist es besser, Flaschen von kohlesäurehaltigen Getränken zu benutzen. Definitiv abraten würde ich von der Nutzung von Tomatensauce als Flascheninhalt, die Sauce ist wahrscheinlich zu dickflüssig…

Auch wenn ich den ganzen Artikel über vor allfälligen Risiken warne, ist doch die Zerstörung einer Kirche wie bei den Simpsons nahezu unmöglich. Wobei nicht sichtbar ist, mit welchem Antriebsstoff Homer gearbeitet hat.

Heisswasserrakten

Die mit den Bastelanleitungen hergestellten Objekte werden als Kaltwasserraketen bezeichnet, zudem gibt es noch Heisswasserraketen, bei dem die Rückstosskraft durch Erhöhung der Wassertemperatur erzeugt wird. Es werden jedoch spezielle Wassertanks und keine Flaschen verwendet, da hier grosse Druckunterschiede entstehen können. Heisswasserraketen sind Gegenstand der Forschung und werden vor allem bei Experimenten verwendet.

Links

Anmerkungen

Cabo Ruivo lehnt jegliche Verantwortung im Bezug auf die Rakete ab. Wer sich diesen Artikel als Vorbild für einen Bau nimmt, der ist selber schuld. Für Verletzungen und Schäden haften wir nicht. Die Quellen sind meistens seriösen Ursprungs, eine der Bastelanleitungen wurde vom Südwestdeutschen Rundfunk, der die Naturwunder-Sendung produziert, selber auf der Website veröffentlicht.