Die italienische Reederei Costa Crociere hat auf sich anbahnende Sammelklagen von Passagieren der vor sechzehn Tagen gestrandeten Costa Concordia reagiert und leistet pro Passagier 11’000 Euro Ersatzzahlungen für verlorene Habseligkeiten, dazu werden die Reisekosten von 3000 Euro rückerstattet. Viele Reisende kommen mit dieser Leistung auf einen satten finanziellen Gewinn, nichtsdestrotrotz ist Costa vor Sammelklagen in Deutschland, den USA und Italien nicht gefeit. Mit Verletzten und Angehörigen von Todesopfern handelt Costa eine individuelle Entschädigung aus. Derweil wurde mit dem Abpumpen des Treibstoffs begonnen, die Arbeiten ruhen jedoch zur Zeit wegen rauhen Seegangs.
14’000 Euro für jeden Passagier
Costa Crociere bietet für jeden körperlich unverletzten Passagier der Costa Concordia 11’000 Euro für die wegen des Auflaufens vor der Insel Giglio erlittenen materiellen Verluste. Weitere 3000 Euro kompensieren die Reisekosten. Bei psychischen Folgen durch den Aufprall könnte der Betrag auch höher ausfallen. Für Angehörige der nunmehr 17 Todesopfern, oder aber auch für Verletzte, wird Costa andere Beträge mit den Betroffenen festlegen. Der Grund für diese doch recht hohe Summe liegt darin, dass Costa Klagen gegen ihre Institution um jeden Preis vermeiden will. Für sie ist und bleibt Kapitän Francesco Schettino der Hauptschuldige am Unglück, auch wenn der Flottenmanager in Bezug auf das Passieren von Giglio auch ein Wörtchen mitgeredet hat. Aber für Costa zählt der wirtschaftliche Gedanke, sie will keine Kosten aufwenden. Deshalb ist Schettinos Versicherung viel Glück und Vergnügen beim Auftreiben des Geldes zu wünschen!
Hat man als Passagier auf dem Kreuzfahrtschiff nicht gerade seine Edelsteinsammlung dabei, kommt man mit den Entschädigungen von Seiten Costas sehr gut weg – in materieller Hinsicht wird wohl ein Gewinn resultieren, der aber die allfälligen psychologischen Folgen nicht verhindern kann. Wer auf das Angebot eingeht, verzichtet im Gegenzug auf juristische Forderungen in Bezug auf die Havarie.
Selbst Kleinkinder, die kostenlos mitfahren dürfen, werden vollends entschädigt. So bekommt beispielsweise eine fünfköpfige Familie mit drei Kleinkindern 15’000 Euro Rückerstattung an, auch wenn sie nur 6000 aufgewendet hat.
Nichtsdestotrotz gingen unter anderem in Deutschland, Italien und den USA bereits Sammelklagen gegen Costa und deren Konzernmutter Carnival ein. Vor allem in den USA wird die Ablehnung des Angebots empfohlen, Carnival rechne bereits mit 380’000 US-Dollar Schadenersatz pro Kopf – “optimistische” Anwälte prophezeien gar 600’000 Dollar.
Erste Verschmutzungen gemessen
Meldungen über bereits auftretende Verschmutzung des Meeres rund um das Wrack, Giglio und der Halbinsel Monte Argentario lassen Umweltschützer aufhorchen. Zwar wurde mit dem Abpumpen des Schweröls und des Diesels in den Schiffstanks bereits begonnen, die Arbeiten müssen jedoch immer wieder unterbrochen werden, da sich die Concordia des rauhen Seegangs wegen bewegt. Die Verschmutzung des Meeres ist nicht auf den Treibstoff zurückzuführen, die Tanks haben kein Leck. Jedoch haben andere Flüssigkeiten und Materialien wie Reinigungsmittel oder Speisereste den Weg ins Tyrrhenische Meer gefunden. Deshalb ist der Schadstoffgehalt des Meeres rund um den so genannten Toskanischen Archipel, ein Teil dessen die Insel Giglio ist, erhöht. Die Folgen für die Umwelt durch diese Verschmutzung ist nicht abzusehen, die Küstenwache warnt, die Gefahr durch Reinigungsmittel, etc. nicht zu unterschätzen, jedoch wären die Konsequenzen weit harmloser als bei einer Ölpest. Der Archipel gehört laut dem International Union Conservation of Nature zu den bedeutensten Naturwundern unserers Planeten und ist als Lebensraum von Walen bekannt.
Was passiert mit dem Schiff
Sollten die Abpumparbeiten am Wrack beendet sein, stellt sich die Frage, was mit diesem geschieht. Einerseits werden die Arbeiten noch einen Monat in Anspruch nehmen, in dieser Zeit könnte das Schiff in tiefere Gewässer abrutschen und sinken. Ein ähnlicher Fall ereignete sich 2007 mit dem Kreuzfahrtschiff Sea Diamond, das vor der Insel Santorini in Griechenland wie die Concordia vor Giglio auf ein Riff auflief. Hier sank das Schiff nach geraumer Zeit. Zwei französische Passagiere bleiben bis heute vermisst, alle anderen konnten gerettet werden.
Allerdings ist es möglich, dass der Luxusliner wieder auf Vordermann gebracht wird und in den Liniendienst zurückkehren wird. Laut Costa würde dies, sollte die Wiederinstandstellung verwirklicht werden, nicht mehr vor November 2012 der Fall sein.
Alternativ wäre auch einer Verschrottung des Schiffs, in dem das Wrack zunächst mit Diamantketten vor Ort in Einzelteile zerschnitten würden und diese dann zur Verwertung abtransportiert werden. Eine weitere Option wäre die gewollte Versenkung der Costa Concordia.
Costa hat die Concordia bis heute nicht als Totalverlust bezeichnet.
Vergleich mit der Titanic
Auch abgesehen von der Tatsache, dass sich Nachfahren von Titanic-Opfern auf der Concordia befunden haben, war das Ziehen von Vergleichen beider Schiffsunglücke bei den Medien sehr beliebt, zumal sich die Titanic-Katastrophe just dieses Jahr zum 100 Mal jährt. Ein grosser Unterschied sind die Opferzahlen: Bei der Titanic kamen von 2200 Menschen an Bord deren 1500 ums Leben, während bei der Concordia-Havarie 17 von 4200 Passagieren und Besatzungsmitglieder ihr Leben lassen mussten.
Hoffen dürfen wir übrigens, dass James Cameron nicht auf die Idee kommen wird, das Concordia-Unglück auf die Leinwand zu bringen und den Lauf des Unglücks wie bei dem 1997 in die Kinos gekommenen Streifen Titanic durch eine ultimativ kitschige Romanze zu überdecken, die den ganzen Film kaputt gemacht hat. Apropos Titanic-Film: Passagiere der Concordia haben erzählt, dass zum Zeitpunkt der Kollision mit dem Felsen Le Scole ein Bordorchester My heart will go on aus dem Film gespielt hat.
Ein weiterer Unterschied ist bei den Kapitänen zu erkennen: Zwar haben beide die Unglücke durch Fahrlässigkeit verursacht, doch das Verhalten nach den Kollisionen mit dem Felsen beziehungsweise dem Eisberg liegt meilenweit auseinander: Während Concordia-Kapitän Francesco Schettino mutmasslich den Kahn noch vor Beendigung der Evakuierung per Rettungsboot verlassen hat, galt für den Chef auf der Kommandobrücke der RMS Titanic, Edward John Smith, Frauen und Kinder zuerst. Was zwar der eisernen Regel der Schifffahrt, dass der Kapitän mit seinem Schiff sinke, entspricht, dennoch einen faden Beigeschmack hat: Smith und seine Offiziere setzten den Befehl mit harter Hand durch: Es wurde sogar von Fällen berichtet, wonach männliche Passagiere eines gewissen Alters erschossen wurden.
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