Sommerserie Architektur: Teil 2: Elevador do Carmo, Lissabon

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Der zweite Teil unserer Sommerserie Architektur befasst sich mit dem Elevador do Carmo, auch Elevador de Santa Justa genannt, in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon. Nebst seiner verkehrstechnischen Bedeutung besticht der Aufzug auch durch architektonische Schönheit. Nach dem Start unserer Serie mit einem modernen Wolkenkratzer , nun ein etwas älterer Bau, der architektonisch jedoch nicht minder interessant ist.

Konstruktion

Der Elevador do Carmo liegt in der Altstadt Lissabons und verbindet die Unterstadt (Baixa Pombalina) mit der Oberstadt (Chiado). Er ist der einzige verbliebene Aufzug in der Stadt, nebenbei gibt es noch drei Standseilbahnen. Der 45 Meter hohe Aufzug wurde 1902 nach Plänen des mit französischen Eltern in Porto geborenen Ingenieurs Raoul Mesnier, der seines Zeichens ein Schüler Alexandre Gustave Eiffels war, errichtet. Fälschlicherweise hat sich die Angabe verbreitet, die Stahlkonstruktion stamme von Eiffel selbst. Auch wenn das nicht der Wahrheit entspricht, ist der Bau dennoch sehr aufregend. Nach Verlassen des Aufzugs verbindet eine Brücke den Turm mit dem Largo do Carmo im Chiado. Ein Stockwerk darüber kann man die Liftmaschinen sehen und auf dem obersten Stockwerk befindet sich eine Aussichtsplattform mit Café. Weitere Aussichtskanzeln befinden sich beim Ausstieg und bei der Maschinenetage. Zudem bietet auch die Brücke sowie deren Brückenkopf beim Largo do Carmo einen hervorragenden Ausblick über den Talboden Lissabons.

Elevador do Carmo in Lissabon
Elevador do Carmo von der Baixa aus gesehen

Anfangs wurden die beiden Liftkabinen durch eine Dampfmaschine betrieben, die jedoch bereits fünf Jahre nach Inbetriebnahme, 1907, durch einen Elektromotor ersetzt wurde. Diese Motoren verrichten heute noch ihren Dienst, jedoch durch zahlreiche Revisionen saniert und aufgemotzt. Auch die Kabinen stammen noch von 1902.Sie bestehen ebenfalls aus Stahl, sind innen jedoch mit Holz, aussen mit Messing dekoriert. Sie sind auch noch mit Glassscheiben ausgestattet, die es den Besuchern erlauben, nach draussen zu blicken.

Bedeutung

Der Aufzug wurde damals zur Verbindung der Baixa Pombalina und Oberstadt, genauer gesagt, des Chiado errichtet. Die beiden Stadtteile haben einen extremen Höhenunterschied, der nur von steilen Strassen und dem Aufzug bewältigt wird. Weiters gibt es noch eine Strassenbahnverbindung von der Baixa-Querstrasse Rua Conceição zum Chiado und zur Praça Luis de Camões als Teil der legendären 28E, die vom Martím Moniz in Soccoro über die Graça, die Alfama, die Baixa, den Chiado, das Bairro Alto und die Estrela zum Campo Ourique in Prazeres verkehrt; zuzüglich eine erst seit 1998 anlässlich des Baus der U-Bahnstation Baixa-Chiado bestehende Verbindung. Die U-Bahn-Station verfügt über Eingänge auf beiden Seiten, die miteinander und mit den beiden Stationen der Linha Verde und der Linha Azul mittels zahlreichen Rolltreppen verbunden sind.

Das untere Ende des Aufzugs befindet sich an der Rua de Santa Justa, einer der horizontal verlaufenden Strassen des Baixa-Schachbretts, das obere Ende auf Höhe des Largo do Carmo, der mittels Brücke erreicht wird. Der Aufzug hat seine beiden Namen von seinen Endpunkten erhalten.

Heute besitzt der Tourismus die grösste Bedeutung, der Turm gilt als eine der sehenswerten Attraktionen der Stadt, nicht nur wegen der Aussicht, sondern auch der Konstruktion und der Bauweise wegen. Heute wird er von der Lissabonner Verkehrsgesellschaft Carris, der auch der Betrieb der Busse und der Strassenbahn, nicht aber der U-Bahn, obliegt und daher werden auch die Tageskarten akzeptiert.

Warum der Bau Teil der Sommerserie ist

Mir gefällt einerseits die Stahlkonstruktion mit den gotisch anmutenden Fensterchen, die mithilfe der Glasscheiben der Kabinen einen Ausblick während der Fahrt ermöglichen. Schade ist nur, dass sich die Glasfront in denKabinen auf eine Seite reduziert, dafür aber ein Spiegel eingebaut wurde. Andererseits war ich auch von dem genialen Ausblick beeindruckt, den man von der Brücke und von deren Kopfende geniesst. Er stellt einen guten Gegenpol zum Castelo do São Jorge dar, das auf der Gegenseite auf dem Alfama-Hügel thront. Einen Tipp noch meinerseits: Ebenfalls ein guter Ausblick auf die Stadt hat man vom Miradouro de São Pedro de Alcântara, der sich ebenfalls in der Oberstadt befindet und vom Elevador de Santa Justa gut zugänglich ist.

Bereits erschienen in der Sommerserie Architektur: