Ein Telefon gibt zu reden, ein Schweizer Politiker weiss nicht mehr was er tut, und mutige Frauen, die für ihr Recht kämpfen: Die dritte Wachters Wochenschau dreht sich um das Merkelphone, den Streit um Schweizer Kampfjets und um Frauen in Saudi-Arabien, die das Fahrverbot umgehen.
Das Merkelphone mit der Wanze
Kanzleramtschef Roman Pofalla (CDU) erklärte jüngst die NSA-Affäre beendet, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte kurz vor der Bundestagswahl am 22. September gelassen über das Gerücht, dass der US-Geheimdienst NSA die Mobiltelefone aller Bürgerinnen und Bürger abhören kann, doch kaum wird enthüllt, dass die NSA Merkels Handy angezapft ist, poltert Merkel los – und die virtuelle Welt lässt sich bei Twitter unter dem Hashtag #Merkelphone aus. Die besten Twitter- und Tumblr-Accounts sind hier aufgelistet. Interessant der Blick auf Deutschlands Presse. Spiegel, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und die Bild am Sonntag – naja, bezeichnen wir letztere der Einfachheit halber auch als Zeitung – widersprechen sich in ihren Schlagzeilen gegenseitig: Hier steht, US-Präsident Barack Obama wusste nichts von der Abhöraktion gegenüber Merkel, einen Zeitungsständer später sieht man in Lettern geschrieben, dass just dieser Obama just diese Abhöraktion gegen just diese Angela Merkel veranlasst habe. Auch andere Staats- und Regierungschefs horchten durch Merkels Bespitzelung auf: Gemeinsam mit Merkel will beispielsweise Brasiliens Präsidentin Dialma Roussef die NSA-Affäre vor der UNO in New York zur Sprache finden. Auch Gerhard Schröder (SPD) soll während seiner Amtszeit als Bundeskanzler von den Amerikanern belauscht worden sein, heute auf dem Chefsessel von Gazprom ist er wohl zu uninteressant, denn Gasbohrungen und die Anordnung von Verhaftungen von Greenpeace-Aktivisten sind wohl für die NSA zu langweilig, Merkels Pizzabestellungen sind wohl interessanter.
Hans Fehr: Wie man mit Instrumentalisierungsunterstellungen selbst instrumentalisiert
Der Schweizer SVP-Nationalrat Hans Fehr ist ein grosser Armeefan. Sein grösster Traum ist es, mitanzusehen, wie sein Parteikollege und Verteidigungsminister Ueli Maurer den Kaufvertrag für den neuen Kampfjet Gripen unterschreiben kann. Doch gegen den Gripen wird Widerstand laut: Linksgrüne und pazifistische Kreise haben das Referendum eingereicht, weswegen der Kampfjet im Frühjahr 2014 vors Volk kommt. Auch diverse Bürgerliche von CVP und FDP unterstützen das Veto, denn der Gripen existiert bislang nur auf dem Papier. Wie sich ein nur auf dem Papier existierendes Flugzeug auswirken kann, hat der Starfighter der Deutschen Bundeswehr gezeigt, der aufgrund diverser Unsicherheitsfaktoren den Spitznamen Witwenmacher oder Sargnagel verpasst bekam. Der Absturz einer F/A-18 letzte Woche bei Alpnachstad/OW mit zwei Todesopfern wurde in der Gripen-Debatte mit keinem Wort erwähnt – zumindest von den Gegnern. Am Absturztag nämlich meldete sich Hans Fehr zu Wort und unterstellte den Kampfjet-Gegnern, den Absturz von Alpnachstad zu ihren Gunsten zu verwenden – obwohl derartige Äusserungen in keinster Weise gefallen sind. Prompt schlägt Fehr rauer Wind entgegen, er instrumentalisiert selber, indem er den Gegnern just Instrumentalisierung unterstellt.
Derweil meldete sich Fehrs Parteikollege Christoph Blocher zu Wort und sagte, dass der deutsche Militärarzt an Bord der Unglücksmaschine die Folge der Masseneinwanderung sei. Wenn das mal kein Wahlkampf ist: Am 9. Februar 2014 befindet das Schweizer Volk über die Initiative gegen Masseneinwanderung der SVP.
Grossmutige Frauen in Saudi-Arabien
Der Staat Saudi-Arabien will im Konzert der Grossen mitspielen und hinter den kleineren Vereinigten Arabischen Emirate nicht abfallen. Dennoch trägt das Land konservative Züge mit sich, in dem es Frauen untersagt ist, Auto zu fahren. Um gegen diese Haltung zu protestieren, setzten sich am Wochenende fünfzehn Frauen ans Steuer und stellten Videos ihrer Fahrt auf YouTube. Prompt meldeten sich Ordnungshüter zu Wort und brummten den Frauen Geldstrafen auf. Dass die Strafen relativ gering ausfielen, war wohl dem Umstand zu verdanken, dass die Videos bereits weltweite Aufmerksamkeit erlangt haben und Saudi-Arabien so Sanktionen entgehen wollte. Gegen solch Konservatismus sollen längst aber Sanktionen folgen.
Hinweis
Erstmalige Veröffentlichung dieses Artikels von Daniel Wachter in Der Freitag vom 27. Oktober 2013