Vergangene Woche gab der Bund für zwei Verkehrsprojekte der Nord-Süd-Achse grünes Licht. Für 940 Millionen CHF werden die Zufahrten zu den Basistunnels am Gotthard und am Ceneri auf vier Meter Eckhöhe ausgebaut und zwischen Unterschönenbuch/SZ und Gumpisch/UR entsteht mit zwei Strassentunnels die neue Axenstrasse. Auf den an der NEAT-Volksabstimmung 1992 versprochenen Axentunnel wartet die Bevölkerung hingegen noch lange – wenn nicht gar vergeblich.
Neubau des Bözbergtunnels verschlingt das meiste Geld
Insgesamt 940 Millionen CHF wird für den Ausbau der Bahnstrecken Basel–Brugg–Rotkreuz–Goldau–Brunnen–Rynächt/UR, Giustizia/TI–San Antonino, Vezia/TI–Chiasso und San Antonino–Ranzo-Sant’Abbondio/TI auf eine Eckhöhe von vier Metern bis 2020 investiert, ebenfalls inbegriffen sind Darlehen für den Ausbau auf italienischer Seite zwischen Chiasso und Mailand sowie zwischen Ranzo-Sant’Abbondio und Luino. Hingegen gab es schlechte Nachrichten vom Bau der Bahnstrecke Mendrisio–Varese, hier ruhen auf italienischer Seite die Arbeiten, nachdem die ausführende Bauunternehmung aus dem Projekt ausgestiegen ist.
Rund ein Drittel der 940 Millionen wird in den Neubau des Bözbergtunnels zwischen dem Fricktal und Brugg investiert, dieser Ausbau kommt nicht nur dem Transitgüterverkehr, sondern auch dem Personenverkehr Basel–Frick–Zürich zu Gute, nach Vollendung der Bauarbeiten sollen hier Doppelstockzüge verkehren.
Auch ins Tessin sollen Doppelstockzüge fahren, jedoch nur via Basistunnel. Aus diesem Grund wird auch die Strecke Zug–Goldau ertüchtigt, jedoch im Rahmen des 2016 bis 2018 vorgesehenen Doppelspurausbaus Walchwil, weswegen diese Kosten nicht in den 940 Millionen veranschlagt sind. In den bereits bis 2010 sanierten alten Axentunnels zwischen Brunnen und Flüelen wird anstelle der Fahrleitung eine Stromschiene eingebaut, bei den anderen Tunnel wird der Unterbau tiefergelegt und gegebenenfalls Korrekturen an der Decke angebracht.
Ab August 2015 wird die Strecke Brunnen–Rynächt zudem als erste Nicht-Neubaustrecke der SBB mit dem neuen Zugsicherungssystem ETCS Level 2 versehen, weitere Strecken der Gotthardzufahrt sollen folgen.
Umfahrung für Sisikon – aber mit unnötigen Extras
Trotz Protesten in der Schwyzer Kantonsregierung hat der Bund nun Nägel mit Köpfen gemacht und das Bauprojekt der neuen Axenstrasse verabschiedet. Bereits seit geraumter Zeit mit den Planungsarbeiten beschäftigt ist ein Konsortium aus den Ingenieurbüros Lombardi, B+S, ARP, BG, Locher und asp. Es sieht den 2.9 Kilometer langen Morschachertunnel zwischen dem Ingenbohler Gemeindeteil Unterschönenbuch und dem Ort in der Gemeinde Morschach sowie den 4.4 Kilometer messenden Sisikonertunnel zwischen dem Ort und Gumpisch/UR vor, 2025 sollen die ersten Autos durch die Tunnels fahren können. Als Verbindungsstück zwischen den beiden Tunnels ist eine 120 Meter lange offene Strecke vorgesehen, während dieser ist auch eine Querverbindung zur bestehenden Axenstrasse für eine flexiblere Verkehrsführung geplant. Zwischen Gumpisch und dem A2-Anschluss Altdorf ist die Axenstrasse bereits ausgebaut, mit dem 2004 eröffneten Flüelertunnel als Kernstück.
Sisikon leidet seit Jahrzehnten unter einem erhöhten Verkehrsaufkommen von bis zu 22’000 Fahrzeugen pro Tag, eine Umfahrung steht schon seit 1960 zur Diskussion und ist deshalb auch zweifelsfrei notwendig. Brunnen besitzt mit dem Mositunnel bereits seit 1964 eine solche, Flüelen folgte vierzig Jahre später. Als ursprüngliches Projekt war in den 1990er-Jahren der Fronalptunnel als durchgehende Röhre zwischen Brunnen und Sisikon präsentiert worden, nach diversen Vetos wurde nun eine etappierte Version vorgestellt, die minimal 740 Millionen Schweizer Franken kostet, andere Schätzungen rechnen jedoch mit rund einer Milliarde für die neue Axenstrasse.
Als Luxus muss jedoch der Morschachertunnel bezeichnet werden, denn die Gemeinde Ingenbohl besitzt mit dem Mositunnel bereits eine Umfahrung in Nord-Süd-Richtung, da stellt sich die Frage, wieso denn eine zweite benötigt wird? Der Mositunnel und seine Zufahrtsbrücken werden aktuell Sanierungsarbeiten unterzogen, zudem erhält er nun den längst geforderten Sicherheitsstollen. Aufgrund dieses Mangels und drei schweren Unfällen mit drei Todesopfern innerhalb 13 Monate wurde er vor einigen Jahren vom ADAC in einem internationalen Test mit dem Prädikat unsicher versehen.
Beitrag aus der Tagesschau von Schweizer Radio und Fernsehen über die neue Axenstrasse vom 25. Mai 2013
Und wo bleiben der Axen- und der Urmibergtunnel?
Als das Schweizer Volk 1992 über die NEAT zu entscheiden hatte, waren im Projekt auch der Urmibergtunnel von Arth/SZ bis Brunnen/SZ und der Axentunnel von Brunnen/SZ bis Flüelen vorgesehen. Jedoch reichten die finanziellen Mittel nicht, weswegen diese Tunnels zurückgestellt wurden. Für zwei Strassentunnels schnell 740 Millionen lockermachen geht, für den Bahnausbau ist jedoch kein Geld da beziehungsweise für unnötigere Projekte – die Erhöhung der Eckhöhen wären in diesem Falle nicht nötig, da die Güterzüge und die schnellen Fernverkehrszüge die Neubaustrecke benutzen würden.
Nun stehen nach der 2019 veranschlagten Eröffnung des Ceneri-Basistunnels zwischen Rynächt und Giustizia sowie zwischen Giubiasco und Vezia vier Spuren zur Verfügung, auf den Zufahrten jedoch zwei. Insgesamt sollen sechs Güterzüge und zwei Personenzüge pro Stunde durch den Basistunnel verkehren, dazu einer über den Berg, zuzüglich der S-Bahnen bis Brunnen (einmal stündlich, wenn der Kanton Schwyz zahlen würde, zweimal), Erstfeld (einmal stündlich – wenn die Kantone Schwyz und Uri zahlen würden, zweimal) und Airolo/Biasca (einmal stündlich). Dazu kommt die anstehende Sanierung des Gotthard-Strassentunnels – über die überflüssige zweite Röhre soll hier jedoch nicht diskutiert werden. Der Kanton Uri schlägt folgerichtig eine Rollende Landstrasse (RoLa) vor, mit Kurzpendelzügen durch den Basistunnel. Um die Kapazitäten nicht unnötig zu belasten, sollen diese Züge ausschliesslich dort verkehren, wo vier Spuren zur Verfügung stehen. Also sollen die dafür in Frage kommenden Terminals südlich von Rynächt und nördlich von Giustizia zu stehen kommen. Dumm nur, dass der Kanton Uri keine solche Verladestation auf seinem Gebiet will und via Planungsbüro ausserkantonale Standorte vorgeschlagen hat, ohne die betreffenden Kantone jedoch zu informieren.
Da stellt sich abermals die Frage nach dem Urmiberg- oder dem Axentunnel? Für den Strassenverkehr am Axen werden sprichwörtlich Berge versetzt, doch der Bahnverkehr wird immer zurückverschoben. Mittlerweile wurde in Brunnen gar ein Geschäftshaus vollendet, das mitten im Planungsperimeter der Neubaustrecke Axen steht, mit Erlaubnis vom Bundesamt für Verkehr. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Axentunnel nie verwirklicht wird. Ursprünglich im Projektfinanzierungsrahmen Bahn 2030 noch enthalten, ist der Axentunnel nicht mehr in dessen Nachfolgern FABI und STEP zu finden.
Ist das Ziel, dass mehr Leute Auto fahren sollen? Wenn man sich die Sachverhalte am Axen überlegt, kommt man nicht drum herum, auf diese Frage mit Ja zu antworten. Es spielt daher auch keine Rolle, dass fossile Brennstoffe im Gegensatz zu elektrischer Energie endlich sind.