In knapp vier Jahren soll der Gotthard-Basistunnel der NEAT seiner Bestimmung übergeben werden. Grundzüge des geplanten Angebotskonzept sind bereits seit Anfang Jahr bekannt, nun wurden weitere Details bekannt gegeben: Im Gegensatz zu früheren Planungen sollen die InterCity-Züge nicht in Flüelen, sondern im geplanten Kantonsbahnhof Altdorf halten, was Baumassnahmen mit sich zieht.
Altdorf wird Fernverkehrshalt
Dass der Kanton Uri mittelfristig einen InterCity-Halt erhalten wird, wurde bereits Anfang Jahr bekannt gegeben, als das neue Betriebskonzept am Gotthard in seinen Grundzügen definiert wurde.
Nun hat der Kanton Uri einen Entscheid bezüglich der Frage, ob die InterCity-Züge in Flüelen oder Altdorf einen Halt einlegen werden, gefällt: Die Züge sollen in Altdorf halten, was Ausbauten in diesem Bahnhof mit sich bringt. Im Gegensatz zu Flüelen, wo der Mittelbahnsteig bereits heute eine Länge von 500 Metern aufweist, sind die Perrons in Altdorf gerade mal 220 Meter lang. Um TWINDEXX-Züge aufnehmen zu können, sind bis zu 400 Meter lange Perrons vonnöten. Ebenfalls angepasst werden muss der erst 2009/2010 gebaute Mittelperron der Gleise 5 und 7 – ein Fakt, der bereits beim Bau hätte ins Auge gefasst werden müssen.
Unklar ist, ob auch die InterRegio künftig im sogenannten Kantonsbahnhof Altdorf halten werden, ist unklar, bisher wird die Aufgabe des Anschlusses Altdorfs an den Fernverkehr durch Flüelen übernommen, die Busreisezeit Flüelen Bahnhof–Altdorf Telldenkmal dauert nur unwesentlich länger als Altdorf Bahnhof–Altdorf Telldenkmal, zudem ist der Bahnhof Flüelen im Gegensatz zu seinem Altdorfer Pendant nicht nur von touristischer Bedeutung (Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee), sondern auch an die Urner Hauptbuslinie 1 Flüelen Gruonbach–Göschenen angeschlossen.
Der Fakt, der für Altdorf und gegen Flüelen spricht, ist die geplante Entwicklungszone Urner Talboden rund um den Altdorfer Bahnhof, nebst Brunnen-Nord und Viscosistadt Emmenbrücke wohl eine der drei grössten Entwicklungsareale der Zentralschweiz.
Mittelfristig sollen hier 1000 neue Arbeitsplätze und Wohnraum für rund 500 Personen geschaffen werden. Ebenfalls mit dem Entwicklungssschwerpunkt im Talboden Uri verbunden ist der Bau des Halbanschlusses Attinghausen an der Autobahn A2.
Beitrag des Regionaljournal Zentralschweiz von Radio SRF 1
Das geplante Betriebskonzept am Gotthard
Ab Dezember 2016, wenn der Gotthard-Basistunnel (GBT) der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) zwischen Erstfeld/UR und Bodio/TI samt der Neubahnstrecke Gottardo Sud, welche Biasca umfährt, in Betrieb genommen wird, sollen schrittweise stündlich zwei Personenfernverkehrs- und sechs Güterzüge pro Stunde tagsüber durch den Tunnel verkehren. Zuzüglich werden diese Züge auf den Zufahrtsstrecken durch den bis 2020 gesicherten InterRegio Basel SBB/Zürich-Locarno, welcher über die Bergstrecke verkehrt und S-Bahn-Züge ergänzt.
Zweistündlich werden EuroCity-Züge zwischen Frankfurt (Main)–Basel SBB bzw. Zürich HB und Milano Centrale verkehren, diese Züge überlagern sich zwischen Arth-Goldau/SZ und Mailand zu einem Stundentakt, sie werden zwischen Arth-Goldau und Bellinzona keine Zwischenhalte aufweisen, jedoch in Arth-Goldau die bisherige Korrespondenz mit dem InterRegio anbieten. Um dreissig Minuten versetzt soll nach der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels (CBT) 2020 ein InterCity-Zug zwischen Zürich HB und Lugano verkehren, weswegen zwischen 2016 und 2018 die rechte Zugerseestrecke im Raum Walchwil für 230 Millionen Franken ausgebaut werden soll. Da dieser Zug in Arth-Goldau keine Anschlussverbindung mit einem anderen Zug herstellen muss, kann der dortige Halt von vier auf zwei Minuten verkürzt werden und diese gewonnene Zeit stattdessen einem neuen Stopp zwischen Arth-Goldau und Bellinzona zugeführt werden. Als Gegenleistung für die dem Bau des GBT zur Verfügung gestellten Flächen wurde Anfang 2012 beschlossen, den lang gehegten Wunsch eines InterCity-Haltes im Kanton Uri zu erfüllen. Anfänglich war der Halt der Züge in Flüelen vorgesehen, das bereits länger in Betracht gezogene Projekt Kantonsbahnhof Altdorf schien zeitweise vom Tisch, nun setzte doch eine Kehrtwende ein.
Diese in Altdorf haltenden InterCity-Züge werden mit den schrittweise ab 2015 dem Verkehr zu übergebenden TWINDEXX Swiss Express (RABDe 502) aus dem Hause Bombardier geführt, welche zudem künftig auch noch auf den Strecken München–St. Gallen–Zürich–Genf Flughafen, Romanshorn–Zürich–Brig und Konstanz–Zürich–Luzern eingesetzt werden. Voraussetzung des Einsatzes dieser neuen Doppelstockzüge ist die vom Bund beschlossene, aber nicht unumstrittene Erhöhung der Eckhöhen an den Gotthard-Zulaufstrecken auf 4 Meter.
Wird Altdorf auch InterRegio-Halt?
Bereits seit längerem hofft der Kanton Uri auf einen Halt der InterRegio-Züge Basel SBB/Zürich HB-Locarno in Altdorf, bis auf das in Randstunden geführte InterRegio-Zugspaar Basel SBB-Erstfeld wird der Bahnhof ausschliesslich von S-Bahn-Zügen der Linie S2 Erstfeld-Baar Lindenpark und einem S3-Zugspaar Erstfeld-Luzern bedient.
Ein weiterer InterRegio-Halt würde die Attraktivität dieses Zugsangebots jedoch weiter einschränken, bereits die acht heutigen Zwischenhalte zwischen Arth-Goldau und Bellinzona, namentlich Schwyz, Brunnen, Flüelen, Erstfeld, Göschenen, Airolo, Faido und Biasca, sind zu viele und auch für den Niedergang des Bahnverkehrs am Gotthard mitverantwortlich. Zwischen Brunnen/Flüelen und Biasca ist die Auslastung der Züge ohnehin unbefriedigend.
Jedoch ist es in der Schweiz generell nicht die Regel, dass die höhere Fernverkehrskategorie (InterCity) an einem Bahnhof hält, den die tiefere (InterRegio) ohne Halt passiert. Aufgrund dessen ist auch ein InterRegio-Halt denkbar, dem jedoch derjenige in Flüelen oder Erstfeld zum Opfer fallen wird. Zwar halten auch im Kanton Schwyz die Gotthard-InterRegio-Züge an drei Bahnhöfen (Arth-Goldau, Schwyz und Brunnen), dort sind jedoch die Fahrgastfrequenzen und das Einzugsgebiet (Gemeinden Arth, Walchwil, Lauerz, Steinen, Steinerberg, Sattel, Rothenthurm, Schwyz, Muotathal, Illgau, Ingenbohl, Vitznau, Morschach sowie die Bezirke Gersau und Küssnacht) weitaus höher als bei den Bahnhöfen im Urner Reusstal.
Denkbar ist auch eine Einkürzung der InterRegio auf den wirtschaftlich erfolgreichen Laufweg Basel SBB/Zürich HB-Erstfeld und die Verlängerung der S10 von Castione-Arbedo beziehungsweise Biasca nach Erstfeld. Mit dieser Lösung könnten auch Bahnhöfe wie Gurtnellen, Amsteg-Silenen oder Wassen wieder von Zügen bedient werden.
Ambitionen für den Verkehr auf der Gotthard-Bergstrecke hegt auch die Schweizerische Südostbahn (SOB), sie prüft, den Voralpen-Express ins Tessin zu verlängern.
Werden auch ICE-Züge ins Tessin verkehren?
Mit der Eröffnung der Basistunnels am Gotthard und am Ceneri stellt sich auch die Frage, ob auch ICE- oder TGV-Züge in die Zentralschweiz und ins Tessin verlängert werden. Bisher verkehren ICE und TGV ins Berner Oberland (ICE Interlaken Ost-Berlin Ostbahnhof/Hamburg-Altona/Berlin Gesundbrunnen und TGV Paris Gare de Lyon-Interlaken Ost), ins Wallis (TGV Paris Gare de Lyon-Lausanne-Brig und TGV Lille Europe-Aigle-Brig) und nach Zürich (ICE Hamburg Altona/Berlin Ostbahnhof-Zürich HB und TGV Paris Gare de Lyon-Zürich HB). Zudem sollen ab 2015 ICE-Züge nach Chur geführt werden, vermutlich werden solche der ICE-Linie Hamburg Altona/Kiel-Zürich HB ins Bündnerland verlängert.
Luzern fordert schon lange einen Anschluss ans europäische Hochgeschwindigkeitsnetz, mit dem EC Frankfurt-Mailand wird hier Abhilfe geschaffen, in diesen Takt können auch die beiden EuroCity-Zugspaare Hamburg Altona-Chur integriert werden, welche ab 2013 nur noch bis/ab Zürich HB verkehren. Eine Integration von ICE-Zügen in den EC-Zweistundentakt von Frankfurt nach Mailand ist nicht möglich, da die ICE über keine Zulassung und keine Ausrüstung für den Italienverkehr verfügen.
Es wäre jedoch möglich, einige ICE-Züge der Linie Hamburg Altona-Zürich mit dem InterCity Zürich HB-Lugano durchzubinden, denn diese ICE-Linie könnte wegen dem anstehenden Halbstundentakt Basel-Frankfurt ohnehin um 30 Minuten gedreht werden. Die bisherigen 19 schweiztauglichen ICE-1 würden für diese Verlängerungen zwar nicht ausreichen, jedoch werden alle ICE-1 voraussichtlich ab 2020 ausgemustert und durch neue Züge unter dem Projekttitel ICx ersetzt, von denen auch einige mit schweizerischen Komponenten ausgestattet sind. Ob dies möglich ist, ist fraglich.