Die lose Serie zu städtebaulichen Grossprojekten geht weiter: Anlässlich der Aufhebung des Baustopps an der Elbphilharmonie wird erstmals der Weg über die Landesgrenzen hinaus gewagt, Ziel ist die Elbmetropole Hamburg. Dort wird seit 2000 auf insgesamt 2.2 km2 Fläche auf dem Grossen Grasbrook an einem neuen Stadtteil gebaut – der HafenCity. Es ist das grösste vergleichbare Projekt Europas.
Keine Zukunft mehr im Hafenwesen
Um den Hamburger Hafen zu erweitern, wurde im 19. Jahrhundert die gesamte Grasbrook-Insel südöstlich der Innenstadt mit Hafenanlagen versehen. Durch die Bahnstrecke Hannover–Hamburg war auch sogleich Gleisanschluss vorhanden. Zahlreiche Wohnquartiere mussten den Hafenprojekten weichen, nahezu 20’000 Menschen wurden umgesiedelt. 1888 wurde die heute denkmalgeschützte Speicherstadt am Zollfreihafen eröffnet, markante Orientierungspunkte waren die Kaispeicher A und B.
Nachdem ab den 1960er-Jahren der Containerumschlag am Hamburger Hafen immer grössere Bedeutung erlangte, verlagerte sich das Wachstum des Hafens in Gebiete westlich des 1911 eröffneten St. Pauli-Elbtunnels, dessen Röhren zwölf Meter unter mittlerem Hochwasser liegen und daher für Schiffe mit grossem Tiefgang ein unüberwindbares Hindernis darstellen. Heute verfügt die Hamburg Port Authority/HHLA mit Altenwerder, Tollerort und Burchardkai über drei grosse Containerterminals, ein viertes wird von einem Privatunternehmen betrieben. Aufgrund dieser logistischen Veränderung wurde der Grasbrook immer mehr zu einer Industriebrache.
Innenstadtnähe als grosser Vorteil
Die brachen Flächen waren relativ nah zur Innenstadt gelegen, weswegen Anfang der 1990er-Jahre erstmals Ideen zu einer Bebauung aufkamen. 1997 wurde die erste Machbarkeitsstudie vorgestellt, 2000 der Masterplan verabschiedet, 2004 die ersten Baufelder fertiggestellt.
Seit Ende November 2012 ist die HafenCity zudem per U-Bahn erreichbar, die U4 verbindet die beiden im Stadtteil gelegenen U-Bahnstationen HafenCity Universität und Überseequartier mit den Verkehrsknoten Jungfernstieg, Hauptbahnhof und Berliner Tor – sie endet in Billstedt. Zukünftig soll die U-Bahn auch durch weitere Quartiere der HafenCity führen und an einem geplanten S-Bahnhof zwischen den Stationen Hammerbrook (City Süd) und Wilhelmsburg der S3/S31 ihren Endpunkt finden. Die Lage und der Name dieses Knotenpunktes ist noch Gegenstand laufender Diskussionen. Für einige Teile der HafenCity, so die Elbphilharmonie und die Speicherstadt, bildet die U3-Hochbahnstation Baumwall die nächste Anbindung. Des Weiteren sorgen zahlreiche Busse und Schiffe für eine optimale Anbindung der HafenCity, welche zudem im Überseequartier mit dem Hamburg CruiseCenter über ein Kreuzfahrtterminal verfügt, an dem auch schon die Queen Mary 2 und das Schwesterschiff Queen Elizabeth anlegten.
Aktuell sind rund zwei Drittel des Bauperimeters fertiggestellt, in Bau oder in Planung.
Zahlreiche Unternehmen und Behörden haben sich seither in der HafenCity niedergelassen: Nebst der HHLA und der Hamburg Port Authority hat unter anderem das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel sein neues Hauptquartier in der HafenCity bezogen und der vom Hamburger Klaus Michael Kühne gegründete Schweizer Logistikkonzern Kühne&Nagel mit Sitz in Schindellegi/SZ besitzt ein Bürogebäude, genauso wie der Walldorfer Softwarekonzern SAP.
Markante Bauten
Elbphilharmonie
Speicherstadt
Die denkmalgeschützte Speicherstadt gehört ebenfalls zum Perimeter der HafenCity, wurde aber selbstverständlich baulich nicht verändert, sondern als bestehende Bauten ins Gesamtkonzept integriert. Statt Getreide und Tee zu lagern, besitzt die Speicherstadt heute die Funktion eines Vergnügungsquartiers, bekanntester Exponent ist wohl die gigantische Modelleisenbahnanlage Miniatur-Wunderland.
Sandtorhafen und Dalmannkai
Der hier verwendete Aspekt von Wohnen und Arbeiten am Wasser kommt in zahlreichen Hafenstädten zur Anwendung, wo sich die Gegebenheiten geändert haben. Vorreiter in dieser Angelegenheit sind wohl die Bebauungen in den Londoner Docklands rund um die Isle of Dogs mit dem Bürodistrikt Canary Wharf.
Sein fast identisches Pendant findet der Sandtorhafen am benachbarten Dalmannkai, hier heissen die Sitzgelegenheiten allerdings Marco-Polo-Terrassen. Zudem diesem Quartier gehört übrigens auch die Elbphilharmonie.
Marco-Polo-Tower
Anmerkung des Verfassers
Die Fotos entstanden im Juli 2012 und sind urheberrechtliches Eigentum von Daniel Wachter. Jeder Verstoss wird umgehend geahndet.