HP behält PC-Sparte – Der Apotheker-Vorschlag ist Vergangenheit

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Welcher Gedanke schiesst dem Mensch als erstes durch den Kopf, wenn er den Namen Hewlett-Packard, oder die Abkürzung HP, hört? Genau, Computerhardware, von Desktop-PC’s über Notebooks bis hin zu Drucker. Und just die Hardware-Sparte wollte der bisherige HP-Chef Léo Apotheker zugunsten der margenstärkeren Bereiche wie Dienstleistungen oder Software auslagern. Da Apotheker jedoch mit einer Abfindung von rund 7 Millionen Dollar im September in die Wüste geschickt wurde, ist dieses Vorhaben (glücklicherweise) vom Tisch, denn Apothekers Nachfolgerin Meg Whitman hat den Spekulationen vorerst ein Ende bereitet und sich zur PC-Sparte bekannt.

Grösstes IT-Unternehmen der Welt
An Umsatzzahlen gemessen ist HP, 1939 von den Stanford-Absolventen William Hewlett und David Packard in Palo Alto/Kalifornien zur Herstellung von Tonfrequenzgeneratoren und somit für die Geburtsstunde des Silicon Valley verantwortlich, gegründet, das weltgrösste Unternehmen der IT-Branche. 2009 setzten die rund 321’000 Mitarbeiter einen Umsatz von 114,6 Milliarden US-Dollar um. Im Laufe der Zeit wurden die Branchen stets ausgeweitet, in den 1970er Jahren war HP vor allem als Hersteller programmierbarer Taschenrechner bekannt, so verkaufte Steve Wozniak 1976 sein persönliches Exemplar, um gemeinsam mit Steve Jobs das Startkapital für ihr gemeinsames Unternehmen namens Apple aufzutreiben. Heute ist HP vor allem für seine Lösungen in den Bereichen Computer und Drucker bekannt, muss aber trotz guten Resultaten in Greenpeaces Umweltschutztests etliche Kritik einstecken. 2006 wurden beispielsweise konzernweit über 15’000 Stellen abgebaut, andererseits sind Käufer von HP-Druckern wegen spezieller Techniken nicht in der Lage, Toner und Tinten von (kostengünstigeren) Drittanbietern in die Geräte einzubauen. Zudem sind die Help-Center in Billiglohnländern angesiedelt, so dass die Mitarbeiter dort kein grosses technisch fundiertes Wissen besitzen. 2010 wurde der serbelnde PDA- und Mobiltelefonhersteller Palm einverleibt, nur um ein Jahr später die Einstellung aller Aktivitäten in den Bereichen Mobilfunk und Tablet-PC’s einzustellen.

Abspaltung vorgesehen
Im August 2011 kündigte der seit November im Amt stehende deutsche HP-CEO Léo Apotheker an, finanziellen Aspekten zufolge die als Geschäftseinheit Personal Systems Group (PSG) auftretende PC-Sparte des Konzerns abzustossen und sich analog wie Konkurrent IBM auf Software und Dienstleistungen zu konzentrieren. Damit wäre HP einer der beiden bekannten Produktelinien losgeworden. Da HP jedoch während Apothekers Amtszeit an der Börse – auch aufgrund Apothekers Ankündigung – einen Kursverlust von 45% hinnehmen musste, wurde Apotheker mit einer Abfindung von 7 Millionen US-Dollar gechasst und umgehend durch Meg Whiteman ersetzt, die 2010 erfolglos als Nachfolgerin von Arnold Schwarzenegger im Amt des Gouveneurs von Kalifornien kandidierte und bis 2008 CEO des Internetauktionshauses ebay war. Bei den Wahlen trat sie übrigens gegen eine Vorgängerin ihres jetzigen Amtes an, Carly Fiorina sass von 1999 bis 2005 im Chefsessel bei HP.
HP-Mitbegrüner David Packard war übrigens von 1969 bis 1971 stellvertretender Verteidigungsminister der Regierung Nixon, denn dieser Posten muss zwingend von einem Zivilisten gehalten werden, der spätestens sieben Jahre vor seiner Ernennung seinen Dienst als Offizier in der US-Army beendet haben muss.

Entscheidung überdenkt
Whitman hat sogleich eine Überprüfung der Trennung angeordnet und kam zum Ergebnis, dass die Kosten einer Abspaltung zu hoch wären, da die PSG zu eng mit den anderen fünf Geschäftsbereichen des Technologiekonzerns verknüpft sei. Alle sechs Säulen werden voneinander getragen, zudem wären die Kosten eines Aufbaus einer neuen Firma – welche die PSG-Einheit umfasst hätte – höher ausgefallen als die Einsparungen, die durch eine Abspaltung erreicht worden wären. Nebenbei gesagt ist HP im PC-Bereich mit einem Marktanteil von 17,7 Prozent Weltmarktführer, weit vor Lenovo und Dell, wie auf 13,5 % beziehungsweise 11,6 % gelangen. Sowohl Desktop-Lösungen als auch Notebooks sind nach wie vor bei Kunden beliebt. Zudem trägt die PSG-Sparte rund einen Drittel zum Umsatzergebnis bei und ist somit mit Abstand die grösste Sparte. Obwohl der Konzern seinen damaligen Konkurrenten Compaq 2002 aufgekauft hatte, ist dieser Markenname weiterhin präsent und wird in jüngster Vergangenheit gar noch ausgebaut: Während Compaq im unteren Preissegment angesiedelt ist, sind HP-Markenartikel eher im teureren Bereich angesiedelt.
Übrigens wurde HP bereits 1999 aufgespalten – die Bereiche Messtechnik und Elektronik vor allem in chemischen und medizinischen Bereichen wurde in die Agilent Technologies ausgelagert. Nichts zu tun hat HP mit seinem mittlerweile in den Niederlanden registrierten und in Nordamerika gar nicht mehr auf dem Markt auftretenden Konkurrenten Packard Bell, der zufällig auch von einem Mann mit Familiennamen Packard ins Leben gerufen wurde, Leonard S. Packard, der jedoch mit David in keiner Weise verwandt ist.

Gute Ware
Als Nutzer von HP-Hardware sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Bereich kann ich über das Unternehmen in dieser Hinsicht nichts schlechtes sagen: Die Produkte verrichten treu und zuverlässig ihren Dienst. Auch wer SMS versendet, nimmt dabei in 80 Prozent aller Fälle die HP OpenCall-Lösung, die den Vorgang steuert, in Anspruch. Leider ist aber zu sagen, dass der für schlechte Arbeitsbedinungen und hoher Suizidrate unter den Angestellten bekannte taiwanesische Zulieferer Foxconn nicht nur für Intel oder Apple liefert, sondern auch an HP.