Das Neubauprojekt Stuttgart 21 ist in allem Munde, der unterirdische Durchgangsbahnhof höchst umstritten. Man meint zu glauben, es sei das einzige Problem der Deutschen Bahn. Doch weit gefehlt: Knapp 200 Kilometer südöstlich, in unmittelbarer Nähe, ist das Bahnhofsprojekt der bayrischen Stadt Lindau ebenso umstritten.
Bleibt der Alte oder kommt er weg?
Der heutige Lindauer Hauptbahnhof befindet sich auf einer Insel, wo auch die historische Altstadt angesiedelt ist. Der Kopfbahnhof ist jedoch marode, die Gleisanlagen schneiden zudem Stadtteile auseinander. Im Zuge der Elektrifizierung der Strecke Lindau-Geltendorf, immerhin Teil der EuroCity-Linie Zürich-München, plant die DB einen neuen Hauptbahnhof in Durchgangsform auf dem Festland, an Stelle des früheren Haltepunktes Lindau-Reutin. Am meisten scheiden sich die Geister jedoch über die Zukunft des Inselbahnhofs. Im Anfangsstadium des analog zum Stuttgarter Pendant Lindau 21 genannten Projekts war die Beibehaltung des Kopfbahnhof noch zugesichert, wurde von der DB jedoch 2000 aufgehoben. Seither streiten sich die Stadt und die Bahn um die Beibehaltung des Bahnhofs. Die Stadt Lindau bevorzugt eine Zwei-Bahnhofs-Lösung, während für die Deutsche Bahn nur ein Lindauer Bahnhof in Frage kommt. Und da die Fahrtzeit zwischen Zürich und München reduziert werden soll, favorisieren sie den Bahnhof Reutin. Sie sicherten zwar die Möglichkeit einer Sanierung des Inselbahnhofs zu, erklärten jedoch auch, dass sonst kein Geld in die Lindauer Bahninfrastruktur investiert würde, und auch der Fernverkehrshalt nicht mehr garantiert wird. Die Züge könnten in Zukunft gar nur noch im etwa 10 Kilometer entfernten Bregenz halten, das Umfahrungsgleis des Lindauer Bahnhofs auf dem Festland ist Zwecks Güterverkehr bereits vorhanden.
Obwohl die Bahn verkündet hatte, bis im Herbst keine Entscheidung zu treffen, kam Anfangs August 2011 ein weiterer Kompromissvorschlag an die Öffentlichkeit, der vorsieht, dass der Inselbahnhof als Regionalverkehrsknoten beibehalten wird und dass in Reutin ein stark reduzierter Durchgangsbahnhof mit nunmehr noch vier Gleisen erstellt wird. Der Bahnhof Reutin würde einerseits von den Fernverkehrszügen aus Zürich und Österreich und andererseits von den Regionalzügen aus Österreich und der Schweiz, welche dann den Inselbahnhof anfahren, bedient. Die restlichen Züge, vor allem in Fahrtrichtung München und Friedrichshafen, verbleiben im Kopfbahnhof. Zur Zeit wird Lindau nebst den EuroCitys aus der Schweiz auch von einem InterCity-Zugspaar der Relation Münster (Westfalen)-Innsbruck bedient, des Weiteren endet noch ein aus Wien kommender railjet auf dem Inselbahnhof. In der Gegenrichtung wird diese Verbindung ebenfalls angeboten, jedoch verkehrt der railjet bis Bregenz als Regionalexpress. Ob diese Verbindungen auch in Zukunft noch existieren, oder ob alle bisher in Bregenz endenden Fernzüge bis Lindau verlängert werden, ist noch unklar. Ebenfalls ist nicht bekannt, ob die Fernzüge mit Ziel Lindau in Reutin enden, oder ob sie zum Inselbahnhof durchgebunden werden.
Zeitbegrenzung das Hauptproblem
Das Hauptproblem des heutigen Kopfbahnhofs ist die Verlängerung der Reisedauer zwischen Zürich und München, die etwas über vier Stunden beträgt. Bisher war der Inselbahnhof kein Problem, denn der Lokomotivwechsel war ohnehin durchzuführen, denn während die Strecke in Richtung Bregenz-St. Margrethen elektrifiziert ist, wird der Verkehr in Richtung München mangels Fahrleitung mit Diesellokomotiven geführt. Die SBB-Divison Personenverkehr hat von der Schwesterfirma SBB Cargo Deutschland-und österreichtaugliche Re 420 angemietet, um einen weiteren Lokwechsel in St. Margrethen/SG zu sparen.
Mit der bis 2016 anstehenden Elektrifizierung wäre der Lokomotivwechsel nicht mehr vonnöten und da die Strecke Lindau-Memmingen-Buchloe parallel dazu für Neigezüge umgebaut wird, um weitere Fahrzeiten einzusparen, würde sich das Kopfmachen in Lindau negativ auf die Fahrtzeit auswirken. Zumal die Schweiz für ihren Beitrag an die Elektrifizierung eine Obergrenze für die Reisedauer als Bedingung gesetzt hat.
Möglich wäre der Einsatz der neuen SBB-TWINDEXX Swiss Express von Bombardier Transportation auf der Strecke nach München, anfänglich war vorgesehen, die heutigen Schweizer IC-Züge zwischen Genf Flughafen und St. Gallen jeweils zweistündlich nach München zu verlängern.
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