Präsidentschaftswahlen USA 2012: Obama gegen Romney

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Was sich seit geraumer Zeit abgezeichnet hat, ist nun offiziell: Mitt Romney wird bei den Präsidentschaftswahlen im November gegen Amtsinhaber Barack Obama antreten. Der frühere Gouverneur von Massachusetts und OK-Präsident der Olympischen Winterspiele von Salt Lake City 2002 wurde auf dem Parteitag der Republikaner in Tampa als Herausforderer Obamas nominiert. Es ist der zweite Versuch Romneys, ins Weisse Haus einzuziehen. Doch Obama darf sich trotz harscher Kritik berechtigte Hoffnungen auf einen Verbleib in Washingtons Machtzentrale machen.

Showdown im November

Nach Frankreich wählt nun auch mit den USA ein weiteres bedeutendes Land der Welt seinen Präsidenten. Der amtierende Magistrat, Barack Obama von der Demokratischen Partei, kandidiert gemeinsam mit Vizepräsident Joe Biden für eine zweite Amtszeit, während die Republikaner, die zweite grosse Partei in der amerikanischen Politwelt, den sich schon länger als Kandidat abzeichnenden Mitt Romney aufstellen werden. Als Vizepräsidenten würden sie gerne Paul Ryan sehen.
Nach vier Jahren Obama hat sich teilweise Ernüchterung eingestellt, der wehende Wind der Hoffnung ist abgeflacht und vielerorts in Enttäuschung umgewandelt worden, was Romney einen Aufwind beschert hatte. Umfragewerten zufolge liegt aber weiterhin Barack Obama vorne. Auch bei den Wahlkampfspenden hat das Säbelrasseln eingesetzt, längst vor der offiziellen Nominierung Mitt Romneys. Hier schwingt Romney obenauf, seither geistert in amerikanischen Medien die Frage herum, ob Obama jetzt benachteiligt sei. Doch nicht nur Geld wird eine Rolle spielen, um die Wähler zu mobilisieren. Längst ist die Videoplattform YouTube wie die diversen sozialen Netzwerke zum wohl wichtigsten Mittel verkommen, um die Wählerbasis zu erreichen.

Obamas Video zur Lancierung der Wahlkampagne 2012, veröffentlicht am 4. Juli 2011
Während Romney bereits offiziell nominiert wurde, steht dieser Schritt Obama noch bevor – die Demokraten treffen nächste Woche in Charlotte (North Carolina) zum Parteitag zusammen.

Patriotistische Show in Tampa

Betrachtern des diesjährigen Parteitags der Republikaner in Tampa (Florida) wurde vor Augen geführt, dass die Partei dem nationalkonservativen Spektrum zuzuordnen ist. Im Tampa Bay Times Forum, dem eigentlichen Heimstadion des NHL-Eishockeyvereins Tampa Bay Lightning, dominiert während der Austragung der Republican Nation Convention die Farben rot und blau, wie sie auch die Flagge der USA dominieren. Auch eine besonders ergreifende Performance der Nationalhymne durfte selbstverständlich nicht fehlen und als Spitze der Show trat Ann Romney, Mitts Ehefrau, auf die Bühne und hielt den Anwesenden ein Plädoyer über die Liebe und erzählte mehrere Male, wie sie ihrem Gatten an einem Highschool-Tanzabend begegnet sei und wie sie anfangs in bescheidenen Verhältnissen gelebt hatten, ehe bei Romneys der Reichtum Einzug hielt – ein Umstand, den der American Dream verdeutlicht, dem Ziel, dem viele Bürger der 50 Bundesstaaten (Puerto Rico ist nicht zu vergessen) und auch Bürger anderer Länder der Erde mit der Auswanderung nach Amerika nacheifern: arm kommen und reich gehen. Nirgendwo ist die Glitzerwelt so präsent wie in den USA.

Wichtigster Bestandteil des Parteitags war die Nominierung Mitt Romneys als Präsidentschaftskandidat für die im November 2012 angesetzen Wahlen. Die Nominierung war keine Überraschung, parteiinterne Herausforderer wie beispielsweise Newt Gingrich, Rick Santorum, Ron Paul oder die der rechtskonservativen Tea-Party-Bewegung angehörende Michele Bachmann blieben schon längst auf der Strecke oder warfen das Handtuch. Insgesamt 2061 der 2286 Parteidelegierten votierten für Romney, welcher mit Paul Ryan (42), zurzeit Abgeordneter des Repräsentantenhauses für Wisconsin, als Vizepräsident Barack Obama vom Thron stürzen möchte. Nach 2008, als Romney gegenüber dem parteiinternen Rivalen John McCain den Kürzeren zog, ist es der zweite Versuch des ehemaligen Gouverneurs des Gliedstaates Massachusetts, Präsident zu werden.
Splitterkandidaten wie von der Green Party oder der Sozialistischen Partei werden von Beginn an ohnehin keine Chancen eingeräumt, selbst das Erwerben einer Wahlmännerstimme käme einer grossen Sensation gleich.
Tagesschau vom 29.08.2012
Bericht der Tagesschau des Schweizer Fernsehens über die Republican National Convention in Tampa und der Nominierung Mitt Romneys

Romneys Argumente

Mitt Romney und Paul Ryan dürfen bei der Wahl vor allem auf die Unterstützung der reichen und wohlhabenden Bürger der USA zählen, Wirtschaft und Finanzen wird bei den Republikanern seit je her gross geschrieben, nicht unbedingt nur aus orthographischer Sicht. So wird auch Romneys Kampagne von zahlreichen Multimillionären finanziert. Die Finanzpläne der beiden sehen vor, dass die Steuererhöhungen für Superreiche wieder rückgängig gemacht werden und stattdessen Leistungen für sozial Benachteiligte gekürzt werden, um das Staatsdefizit der USA zu senken.
Interessant ist dabei Romneys Sinneswandel und die damit verbundenen Selbstwidersprüchlichkeiten. Zu Zeiten seines Gouverneursamtes galt er als gemässigter Vertreter seiner Partei, was auch seine überraschende Wahl in dem ansonsten demokratisch geprägten Bundesstaat erklärt, so hatte er damals eine Gesundheitsreform aufgestellt, welche in ihren Grundzügen mit Obamas Reform übereinstimmte – jene kritisierte er übrigens 2010 aufs heftigste. Heute gehört er aber dem konservativen Flügel der Republikaner an, weswegen ihm Opportunismus vorgeworfen wird, weil Romney jede Situation zu seinen Gunsten ausnützen will. Dieser Fakt wird auch durch seine Haltung zur Abtreibung verdeutlicht: Bei den Wahlkämpfen in Massachusetts befürwortete er diese noch, im Rahmen der Präsidentschaftswahlen mimt er nun den harten Gegner.
Romney ist auch ein Gegner gleichgeschlechtlicher Ehen, welche wiederum von Obama seit Mai 2012 offiziell befürwortet werden, und will festlegen, dass Kinder zu Hause unterrichtet werden dürfen.

Muss sich Obama Sorgen um die Wiederwahl machen?

Als im November 2008 der damalige Senator von Illinois, Barack Obama, zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde, war die Hoffnung in ihn gross. Er versprach unter anderem den Abzug aus dem Irak, die Schliessung von Guantanamo Bay und auch eine Gesundheitsreform, so dass jeder Bürger automatisch krankenversichert ist, was für uns in der Schweiz bereits selbstverständlich ist. Einige der Vorhaben konnte Obama erfüllen, genauso wie das Versprechen, Osama Bin Laden zu fassen, doch auch Kritik wurde immer lauter. Zum ersten Mal im Herbst 2009, als Obama überraschend mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, angesichts seiner Bemühungen, die atomare Abrüstung zu senken und auch der Versöhnung zwischen den Völkern dieser Erde. Die Vergabe damals wurde teilweise kritisiert, weil Obama noch zuwenig politische Schritte vollbringen konnte, um den Preis zu rechtfertigen.
2010 verloren die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus, während sie diese im Senat knapp halten konnten. Dies erschwerte die Arbeit Obamas beträchtlich, da seine Beschlüsse vom Kongress abgesegnet werden mussten und die Republikaner Obamas Politik so oft blockierten wie möglich, um danach sagen zu können, er habe keine Fortschritte gebracht. So scheiterten etliche seiner Vorschläge zur Abwendung des Staatsbankrottes am parteipolitischen Zwist zwischen Demokraten und Republikaner, da der eigene Stolz zu gross war, um für einen Kompromiss, welcher dem Staate zu Gute gekommen wäre, über seinen Schatten zu springen. Dieser Umstand ist ein Fehler und ebenso ein Problem im US-amerikanischen Politsystem und unter anderem auch dafür verantwortlich, dass keine Fortschritte im Land vonstatten gehen – in einigen Angelegenheiten hat die USA das Niveau eines Entwicklungslandes, man denke nur an die Zustände in New Orleans nach dem Hurrikan Katrina 2005.
Trotz dieser Kritik führt Obama weiterhin die Umfragewerte an, in letzter Zeit hat er in diesen wieder zugelegt und das Tief wohl überwunden. Vor knapp zwei Monaten waren beide noch gleichauf gewesen:
10vor10 vom 10.07.2012
Bericht von 10vor10 des Schweizer Fernsehens über die Umfragewerte vom 10. Juli 2012

Zu seinem Vorteil scheint der Fakt, dass Romney nicht als Staatsmann angesehen werden kann, weil er diese Fähigkeiten gar nicht zu besitzen scheint.
Für die Zukunft des Landes wäre es von Vorteil, bei Bewährtem zu bleiben und Obama weiterhin die Geschicke des Landes anzuvertrauen, da bei den Republikaner vieles auf Propaganda basiert. Wie sich der letzte republikanische Präsident, George W. Bush, in seinem Amt geschlagen hatte, muss ja wohl nicht weiter erläutert werden.
Zudem kommt Obama sein Verhalten nach dem Kinoattentat von Aurora im vergangenen Juli 2012 zu Gute, hier hatte er seine Geschicke als Landesvater bewiesen.
In einem seiner Wahlkampfvideos hatte Obama beispielsweise den Multimillionär Romney als Steuerflüchtling bezichtigt:
Tagesschau vom 27.07.2012
Die Zukunft wird zeigen, ob es mit Barack Obama beim 44. Präsidenten der USA bleibt, oder ob Romney der 44. Nachfolger des Landesvaters George Washington wird.

Das Wahlprozedere: Eine Angelegenheit für sich

So delikat die Ausgangslage zur Zeit sein kann, gegen die Kompliziertheit des Wahlsystems hat sie keine Chance. Zunächst muss sich jeder angehende Wähler vorgängig registrieren, um dann am 6. November auch an der Wahl teilnehmen zu können. Diese Wahl geht im Geheimen vonstatten, in dem die Wähler im Lokal, in dem sie registriert sind, in verschlossenen Kabinen ihren Hebel nach Wahl betätigen und so dem gewünschten Kandidaten ihre Stimme geben. Am Wahltag jedoch geht es in erster Linie um die Verteilung von Wahlmännern. Jenem Kandidat, welcher im Bundesstaat die meisten Voten holt, fallen automatisch alle Wahlmännerstimmen des jeweiligen Staates zu. Diese Wahlmänner wählen dann im Electoral College am 17. Dezember dann offiziell den Präsidenten, weswegen dessen Inauguration erst im Januar 2013 über die Bühne gehen wird. Es ist allerdings Usus, dass die Wahlmänner beim Kandidaten der eigenen Partei verbleiben, so dass der Präsident schon am 6. November bekannt sein wird. Verteilt werden diese Wahlmänner, auch Elektoren genannt, proportional zu der Grösse des Staates, analog zu den Abgeordneten im Repräsentantenhaus oder in der Schweiz zu den Sitzen im Nationalrat.
Die indirekte Wahl kann so zu erheblichen Verzerrungen des Wählerwillens führen: Bei den Präsidentschaftswahlen 2008 gewann Obama mit 365 Wahlmännerstimmen deutlich gegen John McCain, welcher 173 auf sich vereinen konnte. Bei der Auszählung der Wählerstimmen war das Ergebnis ungleich knapper, Obama konnte 52.92% der Voten auf sich vereinen, McCain 45.67%. Bei den höchst umstrittenen Wahlen 2000, als die Nachfolge von Bill Clinton bestimmt werden musste und erst durch Gerichtsentscheide in Florida beendet wurden, holte der demokratische Kandidat Al Gore zwar 500’000 Wählerstimmen mehr als George W. Bush, doch weil dieser mehr Wahlmänner auf sich vereinen konnte, wurde Bush der 43. Präsident der USA.

Links

  • Alle Artikel zum Cabo Ruivo-Themenschwerpunkt Präsidentschaftswahlen USA 2012
  • Beliebtheitsskala von Obama und Romney
  • Obamas Rede nach dem Wahlsieg 2008 (deutsche Übersetzung auf SPIEGEL ONLINE)
  • Obamas Rede beim Amtsantritt 2009 (in englischer Sprache auf SPIEGEL ONLINE)
  • Offizielle Website des Weissen Hauses (in englischer Sprache)
  • Offizielle Website der Wahlkampagne Obama/Biden 2012 (in englischer Sprache)
  • Offizielle Website der Romney/Ryan-Kampagne (in englischer Sprache)
  • Does Money Matter? – Welche Rolle spielen die Wahlkampfspenden wirklich
  • Dossier von 20 Minuten Online zu den Präsidentschaftswahlen in den USA
  • Countdown 2012 – Blog zu den US-Wahlen 2012 auf NZZ Online
  • Mitt Romneys Rede anlässlich des RNC im Tampa (in englischer Sprache)