Es ist immer das Gleiche: Stellenabbau trotz Gewinn

Gesellschaft Magazin Politik Schweiz Wirtschaft Wissenschaft

Konzerne erzielen Milliardengewinne, an denen sich Manager und Aktionäre ergötzen können, aber gleichzeitig werden massenhaft Stellen gestrichen, nur weil man in anderen Ländern Arbeitskräfte billiger beschäftigen kann. Dass solche Aktionen zum Standard in der Wirtschaftswelt gehören, hat der Basler Pharmamulti Novartis einmal mehr bewiesen, als der Konzern bekannt gab, trotz Quartalsgewinn den Streichstift zu zücken und zahlreiche Mitarbeiter in der Schweiz zu entlassen-.

2000 Stellen weg trotz Milliardengewinn
Um jetzt mal mit der neutralen Berichterstattung zu beginnen, hier die Tatsachen, die Novartis heute auf den Tisch gelegt hat. Im ersten Halbjahr verzeichneten die Basler eine Umsatzsteigerung von 21% auf 28,94 Milliarden US-Dollar, parallel dazu kletterte der Reingewinn um 3 Prozent auf 5,5 Milliarden US-Dollar. Nichtsdestotrotz fallen weltweit 2000 Arbeitsplätze weg, die meisten in der Schweiz und in den USA. Novartis begründet diesen Stellenabbau mit dem steigenden Preisdruck. Am Hauptsitz in Basel werden 760 Vollzeitstellen gestrichen, dazu wird Novartis in Nyon/VD eine Fabrik zur Herstellung rezeptfreier Medikamente schliessen – 321 Personen verlieren ihren Job. Ebenfalls aufgelöst wird eine Forschungsgruppe mit insgesamt 270 Angestellten, weil die Chemieanlage auf dem Basler Novartis-Campus ihre Tore dichtmachen wird. Die Angestellten und auch die Regierungen der betroffenen Kantone Basel-Stadt und Waadt reagierten mit Bestürzung auf die Botschaft, die baselstädtischen Regierungsräte suchen offenbar das Gespräch mit Novartis-Konzernchef Joseph Jimenez, da sie vor allem die Schliessung der Forschungsanlage betrifft, da dies die Zukunft sei.
Im Gegenzug zum Stellenabbau schafft der Basler Pharmakonzern 700 Stellen in Billiglohnländern, da dort die Beschäftigung von Arbeitskräften weniger kostenintensiv sei als hierzulande.

Vasella badet weiterhin im Geld
Sich selbstverständlich keine Sorgen um den Job machen muss sich Nur-noch-Verwaltungsratspräsident Daniel Vasella, denn sein Konto wird von der Novartis weiterhin gut mit Kohle zugebuttert. Novartis will mit dem Stellenabbau auf den Preisdruck reagieren. Ach ja. Ich bin mir sicher, dass mit dem Salär von Herrn Vasella der grösste Teil – wenn nicht gar alle – der Belegschaft, die in nächster Zeit einen blauen Brief erhalten werden, weiterbeschäftigt werden können. Dank dem Gewinn erquicken sich natürlich auch alle Manager und Aktionäre an viel mehr Geld, aber diejenigen, die arbeiten, werden entlassen. Solche Zustände sind einfach nicht tragbar und sollen von der Politik nicht mehr tolertiert werden. Wenn Konzernchefs wie Nestlé’s Deutscher im Chefsessel, Peter Brabeck, mit dem Wegzug der Unternehmen drohen, nur weil eine Initiative zur Lohnbegrenzung von Kadermitglieder eingereicht wurde, dann ist am Unmut der Bevölkerung doch was dran. Es ist absolut nicht tragbar, dass eine Person während ihres Schlafes in der Nacht auf morgen mehr verdient als andere in einem ganzen Jahr. Ein Chef kann zwar schon mehr verdienen, wenn er morgens der erste ist, der kommt und abends der letzte ist der geht, aber sicherlich nicht einen zweistelligen Millionenbetrag im Jahr. Es soll per Gesetz verboten werden, dass Unternehmen trotz Gewinn und Umsatzsteigerung Menschen auf die Strasse stellen. Aber es interessiert ja viel mehr, wenn Vasellas Ferienhaus brennt, als all die Existenzen, die durch den Streichwahn dieser Basler Herren bedroht werden. Wenn ihr gehen wollt, dann geht doch. Novartis hat ja ausser dem FC Basel – und wer interessiert das? – noch niemandem in der Schweiz etwas gebracht, ausser als Vorgängerfirma Sandoz 1986 dem Rhein jegliches Leben geraubt und Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten hat.

Immer auf Imagekorrektur
Ich als Anhänger des EV Zug sollte doch über den vor ein paar Wochen angekündigten Einstieg Novartis’ als Sponsor des Vereins hoch erfreut sein, weil ein paar Batzen rollen. Doch – weit gefehlt. Das stank schon damals nach reiner Schleimerei und Imagekorrektur. Heute wage ich beinahe zu sagen, dass sich der EVZ mit dem Novartis-Logo nicht bereichert, sondern beschmutzt hat. Ein Schelm, wer Böses denkt: Novartis plant in Risch/ZG ein Ausbildungszentrum – jawohl, das Vorhaben auf Vasellas Gut Aabach von Stararchitekt Peter Zumthor ist stark umstritten – in just jener Standortgemeinde, in der Novartis’ Basler Erzrivale Roche bereits einige Einheiten unterhält, darunter den Hauptsitz der Roche Diagnostics-Sparte und ein Ausbildungszentrum im Schloss Buonas, knapp zwei Kilometer nördlich des geplanten Novartis-Gegenstücks. Und Novartis will von sich reden machen, will gut da stehen in der Bevölkerung, also steigt man ins Aushängeschild des regionalen Sports ein. Novartis begründet das Engagement als “Bezugspunkt zur lokalen Bevölkerung”. Aha. Klar ist es schön, wenn sich Schweizer Unternehmen im einheimischen Sport engagieren, doch im Falle der Beziehung Novartis-EVZ riecht es doch ein wenig verdächtig. Ich möchte nun überhaupt nicht den EVZ verurteilen, nein, ich kann ihn sogar verstehen, denn jeder Verein braucht das Geld, insbesondere wenn man vom Kanton zur Übernahme von 60% der Sicherheitskosten verdonnert wurde. Doch ein bisschen weniger Naivität und ein bisschen mehr Weitsicht hätten dem Club auch nicht geschadet, es gäbe auch in der Zentralschweiz zahlreiche Firmen, die einem Engagement nicht abgeneigt wären, und die nicht mit einem zweifelhaften Image behaftet sind.

Politiker erhebt eure Stimme
Erst letzten Sonntag haben wir für euch Politiker unsere Stimmzettelchen in die Urne geworfen, damit ihr – wie ihr während eures Wahlkampfes und dem Dauergrinsen von den Wahlplakaten immer versprochen habt – eure Stimme erhebt und sich für die Angelegenheiten des Volkes einsetzt. Warum tut ihr das nicht? Ausser der Regierungen der betroffenen Kantone hat kein Politiker seinen Mund geöffnet, um Novartis – und auch andere Konsorten, die ein ähnliches Verhalten zu früheren Zeiten an den Tag gelegt hatten – zu kritisieren. Nein, alles wird toleriert. Auch die UBS, die es ja in gewissen Sachen gerne mal übertreibt, wird von rechtsbürgerlicher Seite ja noch in Schutz genommen. Aber warum gibt mal niemand den Tarif durch, denn durch solche Taten wird nur jemand bestraft: Die Angestellten. Das Volk, für das ihr euch euren Versprechungen zufolge einsetzen würdet. Also, hier ist eure Chance!

Das Unternehmen Novartis
Novartis entstand 1996 aus der Fusion der beiden Basler Chemiegiganten Ciba-Geigy und Sandoz. Weil sich der neue Gigant aber aufs Geschäft mit den Medikamenten konzentrieren wollte, wurden die anderen Bereiche ausgelagert: Die Spezialitätenchemie der Ciba wurde als Ciba SC, die heute ein Teil der BASF ist, unabhängig, während aus dem Sandoz-Pendant bereits ein Jahr vor der Fusion die Clariant wurde. Der Agrarbereich der Novartis wurde mit jenem der AstraZenaca zur Syngenta zusammengelegt. Seit der Fusion ist Daniel Vasella Präsident des Verwaltungsrates, bis 2010 hatte er zudem noch das Amt des CEO inne. Novartis ist vielfach das Ziel militanter Tierschützer, die das Ende von Tierversuchen fordern. Der oben erwähnte Brand von Vasellas Ferienhaus wird in Verbindung mit Tätern aus dieser Richtung gebracht.
Tagesschau vom 25.10.2011
Bericht der Tagesschau von SF vom 25. Oktober 2011 über den Stellenabbau

2 thoughts on “Es ist immer das Gleiche: Stellenabbau trotz Gewinn

Comments are closed.