Vor vier Jahren formierten einige Schweizer Prominente für die S(R)F-Sendung Kampf der Chöre eigens Chöre zusammen, jetzt treten bereits bestehende Blasmusikformationen bei Kampf der Orchester gegeneinander an. Das neue Vehikel am Schweizer Fernsehhimmel als Chance, die Blasmusik in den aktuellen Generationen wieder populärer zu machen. Wird der Versuch gelingen? Am 16. November wird die erste Liveshow aus der Bodensee-Arena in Kreuzlingen/TG ausgestrahlt.
Prominente mit wenig Bezug zur Materie
2010 lancierte die damals noch Schweizer Fernsehen genannte Leutschenbacher Fernsehanstalt das Format Kampf der Chöre, wo gestandene Schweizer Musiker wie Padi Bernhard oder Noëmi Nadelmann gemeinsam mit eher weniger gestandenen wie Fabienne Louves aus bewerbenden Laien Chöre formten und danach in Kreuzlingen um den Titel kämpften. Vier Jahre später will das SRF auf den damaligen Erfolgszug aufspringen, jedoch nicht mehr mit eigens dafür zusammengewürfelten Chören, sondern mit bereits bestehenden Blasmusikformationen und Brass Bands: Ab 16. November sind die Sonntagabende fest in der Hand von Kampf der Orchester, moderiert von der fast-schon-vermissten SRF-Allzweckwaffe Sven Epiney und Glanz und Gloria-Moderatorin Nicole Berchtold. Auch hier werden den Gruppen Prominente zur Seite stehen, im Gegensatz zu Kampf der Chöre sind sie aber nicht mehr Leiter, sondern nunmehr Paten und haben auch weniger Bezug zur Blasmusik als die Musiker damals zu ihrer Materie. Die Bandbreite der Prominenten reicht von Tagesschau-Sprecherin Cornelia Boesch über Moderator Patrick Hässig bis hin zu Dieter Bohlen-Vehikel Luca Hänni. Boesch ist immerhin Sängerin einer Jazzband, während Hässig in Sachen Blasmusik nebst seiner Militärmusikkarriere und seiner Tätigkeit als Tambourlehrer die Moderation des Schweizer Jugendmusikfestes 2013 in Zug vorweisen kann. Auch Sportler wagen den Sprung in die Blasmusikwelt: Schwinger Nöldi Forrer und Ex-Snowboarder Fabien Rohrer stehen Pate für zwei Formationen.
Die beteiligten Formationen
Divertin’Brass:
Seit 2005 musizierten 30 Musikantinnen und Musikanten aus den Kantonen Fribourg und Waadt mit lebendigen Shows, die als Mischung von Musik, Komödie und Geschichten zu verstehen sind. Unterstützt werden sie von der RTS-Moderatorin Mélanie Freymond.
Jugendmusik Kreuzlingen
Das mit 60 Mitgliederinnen und Mitglieder grösste Korps aus dem Kanton Thurgau bei Kampf der Orchester ist nicht nur eines der ältesten Schweizer Blasorchester, sondern auch eine der erfolgreichsten Jungformationen des Landes. Beim Schweizerischen Jugendmusikfest 2013 in Zug errangen sie in ihrer Kategorie den Festsieg. Ihnen zur Seite gestellt wurde der Moderator Patrick Hässig.
Melodia Goldach
Der Höchstklassverein aus Goldach/SG hat seinen Schwerpunkt in der Unterhaltungsmusik gesetzt. In dieser Sparte erzielten sie beispielsweise am Eidgenössischen Musikfest 2011 in St. Gallen den 2. Rang. Bei Kampf der Orchester erhalten sie bärenstarke Unterstützung durch den Schwingerkönig von Nyon 2001, Nöldi Forrer.
Musikgesellschaft Matten
Normalerweise ist die 3. Stärkeklasse das Zuhause der Musikgesellschaft Matten/BE. Nun misst sie sich bei Kampf der Orchester mit den ganz Grossen. Das Korps unter der musikalischen Leitung von Jakob Leuenberger und Walter Jorns gefällt an Eidgenössischen und Kantonalen Musikfesten vor allem durch mit Evolutionen angereicherte Paraden auf. Als Pate der Musikgesellschaft Matten figuriert der frühere Snowboard-Weltmeister Fabien Rohrer.
Swiss Powerbrass
Vom Brienzer Entertainer Trauffer unterstützt, wird die Nidwaldner Swiss Powerbrass ihr eigens erfundener Stil dem Fernsehpublikum präsentieren.
Jason Boon Bigband
Grosse Bandbreite an Genres und viele Möglichkeiten für Auftritte und Konzerte. Dies bezeichnet die Zürcher Jason Boon Bigband. In den Liveshows in Kreuzlingen haben sie mit Cornelia Boesch eine prominente Fürsprecherin.
BML Talents
Der Nachwuchs der Bürgermusik Luzern ist seit geraumer Zeit national und international erfolgreich und wird nun ihr Können auch auf der grossen Fernsehbühne präsentieren. Unter anderem errang sie dieses Jahr in ihrer Kategorie den Brass Band-Europameistertitel in Perth/SCO.
Mit dem Uetendorfer Sänger und Deutschland sucht den Superstar-Gewinner Luca Hänni wird sie von einem Prominenten unterstützt, der auch für das junge Alter der Formation steht.
Bieranjas
Der Name verspricht schon feuchtfröhliches. Er steht für den Ursprung. Die heute im Segment der Brass Band anzutreffende Formation hat ihren Ursprung in der Fasnacht. Bei Kampf der Orchester wurden ihnen als Paten das Geschwisterpaar ZiBBZ als Unterstützer zur Seite gestellt.
Kampf der Orchester als Chance für die Blasmusik
Die Sendung wurde im Vorfeld stark beworben. Der Sendetermin der ersten Liveshow, dem 16. November, wird wohl jedem SRF-Zuschauer wohlbekannt sein. Zudem lancierte man in Leutschenbach ein neues App, welche das Voting erleichtert. Der Sieger des App-Votings qualifiziert sich jeweils für die nächste Runde, während die anderen Formationen auf das Televoting hoffen müssen. Immerhin schafft das SRF so hoffentlich die Abkehr vom sinnlosen WAP, zumal dieses bei der ersten Sendung ohnehin nicht zu funktionieren schien. Kampf der Orchester ist eine Chance für die Blasmusikszene, das eher verstaubte altmodische Image loszuwerden, und neue Popularität in den jüngeren Generationen zu erhalten. Kaum eine Filmmusik kommt ohne Trompete, Posaune und Co. aus, trotzdem haben diese Instrumente bei Musikschülern einen schweren Stand. Projekte wie Bläserklassen oder die fixe Ausrüstung von Primarschülern mit Blasinstrumenten sollen den Abwärtstrend stoppen. Ob Kampf der Orchester ähnlich erfolgreich sein wird wie Kampf der Chöre wird sich zeigen, es bleibt aber zu hoffen.
Sicher wie das Amen in der Kirche ist hingegen, dass SRF-Ombudsmann Achille Casanova reichlich Post wegen Kampf der Orchester erhalten wird. Der Slogan Wir blasen euch weg! wird wohl nicht in allen Kreisen gut ankommen, sofern die zweideutige Bemerkung überhaupt verstanden wird. Wer infolge dieses Untertitels eine Sendung mit frivolem Inhalt erwartet, wird wohl bitter enttäuscht, denn Sven Epiney würde sich wohl aus privaten Gründen nicht auf Nicole Berchtold einlassen…