Wenn Laien einen Blick auf Gesetzestexte werfen, schwant ihnen Übles. Das Juristendeutsch verpackt einfache Sachverhalte in komplizierte Sätze – wohl um ein gewisses Niveau oder eine ebenso gewisse Notwendigkeit andeuten zu wollen, das beziehungsweise die der Inhalt nicht bieten kann. Dabei verstecken sich in diesen Papierstössen höchst amüsante Gesetze, sowohl auf Bundes-, als auch auf Kantons- und Kommunalebene. Fünf solcher Vorstösse werden jedes Jahr von der IG Freiheit für den rostigen Paragraphen nominiert. Eine Auswahl der absurdesten Gesetze und Vorstösse der Schweiz.
Ein Tag für die Bienen – oder Vignettenpflicht für Biker
Fahnenbesitzer und SVP-National- sowie Walliser Staatsrat Oskar Freysinger sorgt immer wieder dafür, dass die Medien ihn nie vergessen. Eine dieser Tätigkeiten brachte ihm 2013 eine Nominierung für den rostigen Paragraphen ein – er reichte eine Motion zur Schaffung eines Tags der Biene ein. Die IG Freiheit schuf den rostigen Paragraphen, um die Politiker beim Veranlassen von Gesetzen an die Leine zu nehmen, denn jedes Gesetz schränke die Freiheit der Menschen ein. Immerhin gehen jährlich 5500 solcher Vorstösse bei den zuständigen Kommissionen ein. Freysinger ging bei der Preisverleihung im Zürcher Kaufleuten allerdings leer aus, er musste dem Geschäftsführer des bernischen Waldbesitzerverbandes, Stefan Flückiger, den Vortritt lassen – dieser verlangte die Einführung einer Waldvignette für Velofahrer, Biker, Reiter und Nordic-Walker(innen). Ebenfalls dem Wald sehr zugetan war der Solothurner Stadtpräsident und FDP-Nationalrat Kurt Fluri, der ein Asphaltverbot im Wald im Gesetz verankern wollte. Jedoch ist auch die Unschuld der IG Freiheit an sich anzuzweifeln, dem Vorstand gehören bürgerliche Nationalräte von CVP, FDP und SVP an, deren Gesetzesvorstösse ebenfalls eine Nominierung für den rostigen Paragraphen verdient hätten – zumal Namen wie Peter Spuhler oder Jean-François Rime dem Vorstand angehören. Ausgerechnet jene politische Seite, die für ein höheres Sicherheitswesen plädiert, lanciert eine Interessengemeinschaft zur Wahrung der Freiheit der Bürger – schon mancher hat mit solch reziprokem Verhalten eine breite Basis angesprochen.
Gut, die FDP wäre auch ein Fall für diese Liste – die Initiative für weniger Demokratie ist quasi selbstdefinierend.
Helmpflicht für Bobby-Cars gefordert – seitenweise Vorgaben beim Beflaggen
Nach zwei Unfällen mit Bobby-Cars in einer städtischen Kinderkrippe in Zürich-Wollishofen zweifelten Eltern an der Sicherheit ihrer Kinder in den Krippen – und forderten eine Helmpflicht für die Benutzung solcher Bobby-Cars. Die Forderung setzte sich nicht durch – dafür dürfen nur noch Spielzeuge aus Plastik verwendet werden. Das Verletzungsrisiko der Kinder ist zwar nicht kleiner, dafür sind aber die Krippen auf der sicheren Seite: Sie dürfen nicht mehr verklagt werden. Bei beiden Unfällen waren zwei dreijährige Zwillingsbrüder mit demselben Bobby-Car verunfallt – nach dem ersten Unfall verlangte die Mutter von den Söhnen das Tragen eines Helms bei der Benutzung des Spielzeugs – ihre Worte wurden aber nicht erhört, jetzt musste das Amt dran glauben.
Nicht sehr konsequent ist die Schweizer Gesetzeslage auch mit dem Verzehr von Hunden – für den Eigengebrauch ist er erlaubt, aber wenn man eine ausserhalb dem eigenen Haushalt lebende Person zum Mitessen einlädt, verstösst man gegen das Gesetz. Forderungen für ein gesetzliches Verzehrungsverbot von Hunden und Katzen werden von den eidgenössischen Räten immer wieder abgelehnt. Zudem dürfen Hunde und Katzen auf jegliche Art geschlachtet werden – im Gegensatz zu den Schafen wäre also bei Hunden das Schächten erlaubt.
Bemitleidenswert ist die Person, welche für die Beflaggung bei offiziellen Anlässen verantwortlich ist. Ganze 80 Seiten stark ist das Reglement 51340, in welchem alle Normen und Informationen zum richtigen Aufhängen von Fahnen bei militärischen Anlässen oder feierlicher Beflaggung mit Kantons- oder Gemeindefahnen.
Der Vogel wird im Strassenverkehr abgeschossen
Sehr viele Paragraphen zum Lachen bietet der Strassenverkehr: Wer beispielsweise, sein Auto umparkiert, ohne zwischendrin kurz in fliessendem Verkehr gefahren zu sein, kann mit einer Busse von 40 Franken belegt werden. Gar 60 werden es, wenn man den Zündschlüssel im Wagen stecken lässt.
Ab 22 Uhr ist es in der Schweiz untersagt, die Autotür laut zuzuknallen. Was jedoch niemand am Gesetzesverstoss hindert. Ebenfalls in der Schweiz nicht erlaubt ist lautes Schlagzeug- und Blasmusikspielen, genauso wie das Tragen von Schuhen mit langen Absätzen während der Nachtruhe. Wenn man in einer Etagenwohnung wohnt, darf in der Schweiz die Toilettenspülung nicht mehr betätigt werden. Ein weiterer Klassiker ist das immer noch existente Tanzverbot an hohen kirchlichen Feiertagen, flankiert vom Nacktwanderverbot in Appenzell-Innerrhoden.
Der Klassiker vom Greifensee, der in keiner Auflistung zu den absurdesten Gesetzen und Vorstössen der Schweiz fehlen darf: Einem Fischer wurde eine Busse aufgebrummt, weil er einen zuvor gefangenen Hecht wieder in die Freiheit entlassen hatte.
Es geht noch schlimmer als in der Schweiz
Obwohl Vorreiterin fürs Bünzlitum, die Schweizer Gesetzesgeber sind dennoch nicht die biedersten oder die absurdesten. Paradebeispiel – natürlich – die USA: So ist es in der Stadt Ottumwa im US-Bundesstaat Iowa jeder männlichen Person untersagt, einem ihm unbekannten weiblichem Wesen zuzuwinken. In Arkansas wiederum darf ein Mann seine Frau maximal einmal im Monat schlagen, während in Illinois weibliche Singles ihre männlichen Artgenossen stets mit Meister anreden müssen.
Aber auch Europa ist vor solchen Stilblüten nicht feil: Im britischen Liverpool dürfen sich Frauen nicht mit komplett nacktem Oberkörper in der Öffentlichkeit zeigen – ausser man ist Angestellte eines Geschäfts für tropische Fische, zudem wurde in London ein Gesetz erlassen, welches besagt, dass keine Ehefrauen nach 21 Uhr geschlagen werden dürfen – nicht um die Sicherheit der Frau zu gewährleisten, sondern um die nächtlichen Ruhestörungen zu reduzieren.
Absurdistan könnte aber auch gleich ein afrikanischer Staat sein, wenn man es mit dem Laut des Namens nicht so genau nimmt: Um über die AIDS-Epidemie in Swaziland Herr zu werden, verordnete Herrscher Mswati III, der nicht nur das Land zu Boden wirtschaftete, sondern gleich 15 Ehefrauen sein Eigen nennt, jeder weiblichen Staatsbürgerin unter 19 Jahre, fünf Jahre lang keinen Sex zu haben und einem Mann die Hand zu schütteln. Angesichts seines Harems war es jedoch nicht verwunderlich, dass Mswati III. als einer der ersten gegen das Gesetz verstiess – er bereicherte sein Harem um eine 17-jährige.