Drei Jahre nach dem Spatenstich wurde am vergangenen Wochenende mit einem Festakt das erste Baufeld der Europaallee genannten Überbauung direkt neben dem Zürcher Hauptbahnhof seiner Bestimmung übergeben worden. Nebst einer Ladenpassage und dem Campus der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH) werden vor allem Büros im Baufeld A zu finden sein. Die Realisierung der gesamten Überbauung soll in acht Etappen bis 2020 erfolgen und unter anderem 6000 Arbeitsplätze und 300 Wohnungen beherbergen.
Ein neuer Stadtteil für Zürich
Egal ob bereits vollendet wie D4 in Root/LU, Glattpark in Opfikon/ZH oder Neu-Oerlikon in Zürich, ob offenbar kurz vor dem Spatenstich befindend wie Nova Brunnen in Ingenbohl/SZ oder wie erst in der Planungsphase stehend wie das kürzlich bekannt gewordene Projekt Viscosistadt in Emmenbrücke/LU, grosszügige Masterpläne für Industriebrachen oder Freiflächen erfreuen sich in den letzten Jahren reger Beliebtheit. Auch die SBB hat in den letzten Jahren ein solches Projekt in Angriff genommen: Nach etlichen gescheiterten Projekten wie HB-Südwest oder Eurogate konnte man 2009 mit dem Spatenstich die Arbeiten für die Überbauung der ehemaligen Abstellgleise auf der Südwestseite des Hauptbahnhofs Zürich erfolgreich in Angriff nehmen. Der zu realisierende Masterplan des Professors für Architektur an der ETH Zürich, Kees Christiaanse, hatte den Namen Stadtraum HB, das Projekt trägt nun den Namen Europaallee, da die gleichnamige Strasse die Lebensader darstellen wird. Bis 2020 soll Zürich nun in acht Etappen ein neuer Stadtteil erhalten.
Gemischte Nutzung zur Belebung des Areals
Die frei gewordenen Hektaren bilden einen Segen für die an Raumnot leidende Stadt Zürich. In den Planungen wurde festgelegt, dass eine einseitige Nutzung des Quartiers als Büro- oder Wohnquartier aus Angst vor einem toten Stadtteil an Wochenenden (bei reiner Büronutzung) oder tagsüber (bei reiner Wohnungsnutzung) nicht in Frage käme und stattdessen eine gemischte Nutzung verwirklicht wird. Nebst 300 Wohnungen, welche etwa 1000 Personen beherbergen werden, sollen nach Fertigstellung des Projekts bis zu 6000 Menschen in der Europaallee arbeiten. Zudem werden 50 Geschäfte und Restaurants auf dem insgesamt 78’000 Quadratmeter grossen Areal ihr Domizil haben, des Weiteren sollen 140 neue Hotelbetten geschaffen werden.
Das vom Architekturbüro Max Dudler entworfene Baufeld A, welches am Wochenende des 22. und 23. Septembers 2012 mit einem Fest seiner Bestimmung übergeben wurde, bietet nebst der Europaallee-Passage mit Coop, Starbucks, Ochsner Sport Lady, Globetrotter und weiteren Geschäften im Sport- und Abenteuerbereich auch Büros für die Credit Suisse und den Campus der Pädagogischen Hochschule, deren 2500 Studierende bereits seit dem Semesteranfang am 17. September 2012 an der Lagerstrasse ihrer Tätigkeit nachgehen.
Wie geht es in der Europaallee weiter?
Die Eröffnung des aus vier Gebäuden bestehenden Baufelds A bildet nur den Anfangsschritt des Bauprojekts. Bereits weit fortgeschritten ist das Baufeld C von Dudler, Gigon/Guyer (Prime Tower) und David Chipperfield, es soll 2013 eingeweiht werden, siehe untenstehende Bildstrecke. Im Jahresrythmus soll es dann bis 2016 mit den Baufeldern E (ebenfalls bereits in Bau), G, und H weitergehen, 2018 sollen die Felder B und F ihrer Bestimmung übergehen, ehe 2020 mit dem Baufeld D der Schlusspunkt gesetzt wird. Im Baufeld G ist die alte Sihlpost integriert, welche im Gegensatz zum türkisfarbenen Glaskasten der neuen Sihlpost, welcher der Pädagogischen Hochschule weichen musste, nicht abgerissen wird. Ihr Umbau für die Neunutzung soll 2013 in Angriff genommen werden.
Nach der Eröffnung des unterirdischen HB-Bahnhofsteils Löwenstrasse für den S-Bahn-Verkehr wird der provisorische Flügelbahnhof Sihlpost (Gleise 51-54 des Zürcher HB’s) zurückgebaut, damit einerseits der Brückenzug der Letzigraben- und Kohlendreieckbrücke in den Bahnhof Löwenstrasse für die Fernverkehrsnutzung in Angriff genommen werden kann, und andererseits die Baumaschinen auf den Feldern B, D und F auffahren können. Beim Masterplan 2005 war auch das Baufeld I vorgesehen, welches anstelle des heutigen Stellwerks hätte verwirklicht werden sollen.
Die Erschliessung durch den Verkehr
Primär zählt der Hauptbahnhof als Haupterschliessung des Stadtteils, zumal die Passage Sihlquai, die westlichste der drei Unterführungen im HB, direkt am Eingangsportal der Europaallee endet. Zudem erschliesst die Buslinie 31 die Europaallee mit drei Haltestellen, ab Grössenordnung 2025 soll eine neue Tramlinie folgen, welche in der Planungsphase die Bezeichnung Linie 1 erhalten hat; jedoch ist das Vorhaben umstritten, da einige Häuser in der Neufrankengasse in Aussersihl weichen müssen.
Begrenzt wird der Stadtteil nebst dem Gleisfeld durch die Kasernenstrasse, die Lagerstrasse und die Langstrasse, nebst dem bestehenden Parkhaus Gessnerallee werden 700 neue Parkplätze für den Individualverkehr errichtet.
Beitrag von Schweiz Aktuell am 21. September 2012 zur Eröffnung der Europaallee