Den schottischen Fussball-Spitzenverein Glasgow Rangers drückt ein Schuldenberg von umgerechnet 71 Millionen Schweizer Franken. Mindestens. Deshalb hat der Club Insolvenz beantragt, die automatisch mit einem Punkteabzug von 10 Punkten verbunden ist. Die Rangers gehen wohl durch die schwerste Zeit ihrer 140-jährigen Vereingeschichte, sogar das Aus des Traditionsvereins ist denkbar – und damit auch das Ende des Old Firm, eines der wohl denkwürdigsten Fussballderbys der Welt. Doch wird es soweit kommen?
Rechtsstreit um Steuerzahlungen
Eigentlich sind die Glasgow Rangers mehr oder weniger schuldenfrei, doch sie stecken mitten in einem Rechtsstreit mit den britischen Fiskus. Der fordert von den im Ibrox Park zu Glasgow kickenden Rangers Steuerzahlungen von 49 Millionen britischen Pfund (umgerechnet 71 Millionen Schweizer Franken), nach neusten Berichten angeblich gar deren 75 Millionen. Angesichts dieser Schulden sieht sich der Verein gezwungen, Insolvenz anzumelden, wie Präsident Craig Whyte auf der Website des Clubs mitteilte. Dieser Schritt wurde heute um 14:50 Uhr Ortszeit in Edinburgh vollzogen. Mit diesem Antrag automatisch verbunden ist ein Punkteabzug in der Scottish Premier League (SPL). Zur Zeit liegen die Rangers vier Punkte hinter dem Lokalrivalen Celtic Glasgow auf Rang zwei. Da sie jedoch satte 19 Punkte Vorsprung auf den auf Rang drei liegenden FC Motherwell haben, bleibt der Punkteabzug in tabellarischer Hinsicht ohne Folgen. Doch die Rangers drohen, von der Bildfläche zu verschwinden. Präsident Whyte hat bereits vor geraumer Zeit angekündigt, dass der 1872 gegründete schottische Erstligist auf die wohl schwerste Zeit seiner Geschichte hinsteuert.
Auch das Old Firm wäre am Ende
Sollte der Super-GAU der schottischen Fussballfans wahr werden und die Rangers von der Rasenfläche verschwinden, würde es auch das Ende eines der wohl legendärsten Derbys der Welt, des Old Firm zwischen den Rangers und Celtic, bedeuten. Die beiden Vereine sind sich spinnefeind, Celtic mit dem irisch-katholischen Hintergrund, während die Rangers evangelisch geprägt sind. Das Derby – Symbol für den britischen Glaubenskrieg. Lange Zeit war es übrigens auch Usus, dass katholische Spieler in Kader der Rangers nichts zu suchen hatten, anders herum gesehen dasselbe bei Celtic.
Zudem dominieren die beiden Erzrivalen seit Jahren den schottischen Fussball, die gigantisch anmutenden 19 Punkte Vorsprung der Rangers auf Motherwell sind keine Seltenheit. 1985 wurde zuletzt ein anderer Club als Celtic oder den Rangers Meister – der FC Aberdeen unter dem heutigen Manchester United-Manager Sir Alex Ferguson.
Das Old Firmist eines der heftigsten und leidenschaftlichsten Derbys der Welt, vergleichbares findet man nur in Buenos Aires (Boca Juniors gegen River Plate), im deutschen Ruhrgebiet (Schalke vs. Dortmund) oder in Istanbul, wo sich Fenerbahçe und Galatasary sich ebenso lieb haben wie Celtic oder die Rangers. In früheren Jahren waren heftige Krawallen mit Todesopfern keine Seltenheit, die Spitäler in der Agglomeration wurden jeweils in Alarmbereitschaft gesetzt.
Werden die Rangers ihren Spielbetrieb aufgeben?
Auch wenn der Verein momentan mit horrenden Steuerschulden und auch ausstehenden Transferzahlungen bei anderen Vereinen tief in der Kreide steht, ist ein Ende dieses Traditionsvereins kaum auszudenken. Bevor die Rangers Pleite gehen in der Versenkung verschwinden, werden sie gerettet – egal von einem Superreichen oder einem Kollektiv von treuen, aber geldbesitzenden Fans. Beispiele von Vereinen am Abgrund gibt es zuhauf. Zwei Beispiele gefälligtst? Borussia Dortmund oder Real Madrid. Die beiden Halbfinalgegner der Champions League 1997 (als im Bernabeu das Tor einknickte und Günther Jauch zusammen mit Marcel Reif loslegte) lagen finanziell am Boden und standen kurz vor dem Konkurs, konnten jedoch mit mehr oder weniger (Florentino Perez) Schützenhilfe aus dem Portemonnaie saniert und zu erneuten Spitzenclubs umgeformt werden, die entweder mit einer eingespielten jungen Mannschaft (Dortmund) oder einem zusammengekauften Starensemble (Real) erfolgreich in ihren Ligen agieren. Real gelangte zudem an flüssige Mittel, in dem sie das innerhalb der Stadt gelegene Trainingsgelände samt Estadio Santiago Bernabeu verkauften und 480 Millionen Euro einnahmen. Das Gelände beherbergt heute neben dem neuen Trainingszentrum und dem Stadion einen neuen Stadtteil Madrids. Auch Celtic Glasgow hatte finanzielle Probleme, schaffte aber den Turnaround, in dem man von teuren Transfes wegkam und auf jugendliche Spieler baut. Die Tabellenspitze beweist den Erfolg des Rezepts, doch wie die Rangers hat auch Celtic euroapweit an Glanz verloren: Die Qualifikation der Europa League schaffte man nur am grünen Tisch, nachdem man sportlich in den EL-Play-offs am Schweizer Erstligisten FC Sion gescheitert war, der jedoch Spieler ohne Spielbewilligung einsetzte und daher aus dem Wettbewerb verbannt wurde. Immerhin besser als die Rangers, die bereits vor dem Play-off ausschieden.