Der 18. Mai naht und damit auch die Abstimmung über den Bundesbeitrag zur Beschaffung des schwedischen Kampfflugzeugs SAAB JAS 39 Gripen, der vors Volk kommt, nachdem diverse Gruppierungen und Verbände sowie SP, GPS und GLP das fakultative Referendum ergriffen hatten. Der Gripen spaltet das Volk, der Abstimmungskampf ist begleitet von Misstönen. Doch braucht die Schweiz überhaupt 22 neue Flugzeuge? Wer eine Auswahl von Argumenten gegen den Gripen zu lesen wünscht, der wird nach dem Break fündig:
Ueli Maurer mit der Tendenz zur Wahrnehmungsverblendung
Ab frühestens 2016 will die Schweizer Luftwaffe ihre 42 noch verbliebenen Northrop F-5E Tiger II ausmustern, nachdem sie bereits zuvor 44 an die US-Luftwaffe verkauft hatte. Das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) unter SVP-Bundesrat Ueli Maurer ist der Ansicht, dass die verbliebenen 32 Kampfflugzeuge der Gattung F/A-18 C/D den Ansprüchen nicht genüge und der Luftraum ohne die als Ersatz zu bestellenden 22 SAAB Gripen nicht mehr zuverlässig gesichert werden könne. Eine Verlängerung der Bürozeiten wäre hier aber spürbar günstiger. Des Weiteren kam auch das Argument auf, dass ein Drittel der F/A-18 der Wartung wegen stets im Hangar sei, mit ein bisschen Effizienzsteigerung würde auch hier Abhilfe geschaffen.
Bundesrat Ueli Maurer tut sich schwer, er will sein Flugzeug mit aller Kraft durchboxen und vergreift sich dabei gerne im Ton. Als vor wenigen Wochen SRF Rundschau-Moderator Sandro Brotz das Beispiel aufgriff, dass Österreichs Luftwaffe trotz der flächenmässig doppelten Landesgrösse mit fünfzehn Flugzeugen des Typs EADS Eurofighter Typhoon auskommt, unterstellte Maurer dem SRF mangelnde Journalismusfähigkeit und kritisierte indirekt die Gebührenvergabe, statt sachlich zu argumentieren. Auch das von ihm geäusserte Argument mit dem zweiten Weltkrieg und der danach folgenden Aufteilung Österreichs in alliierte Besatzungszonen wie Deutschland ist falsch, denn vor dem Eurofighter Typhoon besassen sie 29 SAAB Draken mit Baujahr 1963.
Erinnerungen an die Starfighter-Affäre
Der SAAB JAS 39 Gripen, so die offizielle Bezeichnung des Flugzeugs, setzte sich in einer internen Auswahl gegen den EADS Eurofighter und den Dassault Rafale durch, aber nur, weil der gegenüber den Konkurrenzprodukten schwächer eingestufte Typ C/D durch den Typus E ersetzt wurde. Die Schweiz bestellt 22 Flugzeuge der neusten Generation, des 25.2 Meter langen und mit einer 8.6 Meter breiten Spannweite versehenen Typs E, der bislang nur auf dem Papier existiert. Zudem muss die Schweiz vierzig Prozent des Kaufpreises als Vorauszahlung leisten, um die Entwicklung diverser Komponenten zu fördern, ohne Garantie, dass das Flugzeug tatsächlich einmal abheben wird.
Der Bundesrat beschloss ein Paket im Wert von 3.126 Milliarden Schweizer Franken für die Neubeschaffung von Kampfjets zu schnüren, das nebst dem Kauf der Flugzeuge auch die Ausrüstung mit Mittelstreckenraketen vorsieht. Gegner des Gripen, unter anderem die Gemeinschaft für eine Schweiz ohne Armee (GSOA), die SP, die Grünen und die Grünliberalen ergriffen das Referendum, weswegen die Budgetvorlage am 18. Mai vors Volk kommt. Da es sich hier um ein fakultatives Referendum handelt, ist nur ein Volksmehr nötig, jedoch kein Ständemehr.
Seit dem Zweiten Weltkrieg hat es bereits ein bekanntes Beispiel für ein Kampfflugzeug gegeben, das bei der Bestellung nur auf dem Papier Bestand hatte: 1957 beschloss die Luftwaffe der deutschen Bundeswehr die Beschaffung eines Abfangjägers. Ein bereits bestehendes Flugzeug, welches den gestellten Anforderungen genügen würde, existierte jedoch nicht. Entgegen dem Rat diverser Experten beschloss der damalige Verteidigungsminister Franz-Josef Strauss (CSU) eine zahlenmässig grosse Bestellung des Lockheed F-104 Starfighter, trotz dessen technischer Unausgereiftheit. Zahlreiche technische Probleme in diversen Bereichen – so waren einige Instrumente im Cockpit nicht funktionsfähig – führten zu etlichen Unfällen und Abstürzen, so dass der Starfighter Übernamen wie Sargnagel oder Witwenmacher verpasst bekam. Später kristallisierten sich Gerüchte der Korruption heraus, wonach Strauss eine gewisse Vorteilsnahme in Anspruch genommen haben könnte, was ihm jedoch nie nachgewiesen werden konnte. Jedoch ist bewiesen, dass die US-Amerikaner im Gegensatz zu Frankreich, dessen Hersteller Dassault mit der Mirage III im Rennen war, Deutschland die Lieferung von atomaren Sprengkörpern zugesichert hatte.
Läuft zwischen der Schweiz und Schweden alles mit rechten Dingen zu?
Der Abstimmungskampf ist auch geprägt von Gerüchten über Gegengeschäft. Der schwedische Staat hat grosses Interesse daran, dass die Schweizer den Gripen E bestellen, ansonsten wäre die Entwicklung der neusten Generation aus dem Hause SAAB nicht gedeckt. So soll sich SAAB finanziell an der Befürworterkampagne beteiligen, während der schwedische Botschafter in Bern kritische Politiker zur Umkehr zu überreden versuchte. Wie gross der Kern der Wahrheit ist, wissen nur die Beteiligen. Aber sie sollen auch mit dem schlechten Gewissen leben. Auch anderweitig gibt es in der Wirtschaftswelt Gerüchte, dass bei schwedischen Ausschreibungen in jüngster Vergangenheit vermehrt Schweizer Unternehmen zum Zuge kamen, in der Hoffnung, ein Gegengeschäft zu begünstigen. Aber hier hat das Volk das letzte Wort. Die Abstimmungsfrage ist so gestellt, dass bei einem Nein der Fonds zur Gripen-Beschaffung abgelehnt wird.
Als Teil der Lobbyarbeit präsentierte Saab den Gripen im Januar 2013 auf dem Flugplatz Emmen/LU:
Und auch Ueli Maurer erpresst die Schweizer Bevölkerung: Bei einem Nein zum Gripen solle die beliebte Kunstflugstaffel Patrouille Suisse mit der Ausmusterung der F-5E Tiger II ebenfalls aufgehoben werden.
Zudem traten mögliche Plan B-Szenarien an die Öffentlichkeit, falls das Volk den Gripen ablehnt. Ausgerechnet von der SVP, die sonst immer auf die kompromisslose Durchsetzung ihrer Initiativen beharrt und dies mit dem Respektieren des Volkswillens begründet. Doch das VBS dementierte diese Gerüchte.
Fazit und Abstimmungsempfehlung
Der Fonds zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen ist abzulehnen, da das von Bundesrat und Parlament verabschiedete Paket von 3.126 Milliarden niemals den wahren Beträgen entsprechen wird, Schätzungen gehen eher von bis zu zehn Milliarden Schweizer Franken aus. Zudem ist eine Aufrüstung der Schweizer Armee ein absolut nicht notwendiger Luxus, da die Schweiz im Kriegsfalle gegenüber einem der Nachbarländer sowieso unterlegen wäre. Das Geld wäre eher in der Bildung oder beim öffentlichen Verkehr besser angelegt.
Also, geschätzte Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, hören Sie auf Ihre pazifistische Ader und legen Sie am 18. Mai 2014 ein Nein in die Urne.
Die Saab AB
Die Saab AB wurde 1937 als Unternehmen zur Produktion von Militärflugzeugen gegründet. Die beiden bekanntesten Modelle sind der SAAB 39 Gripen und der SAAB 35 Draken. 1947 stieg SAAB ins Geschäft für Personenkraftwagen ein, 1995 und 2000 wurde die SAAB Automobile AB in zwei Etappen aus dem Konglomerat ausgegliedert und an den US-Konzern General Motors verkauft, 2013 startete das Unternehmen unter der Führung des neu gegründeten Konsortiums NEVS den Neustart der Autoproduktion.
Wohl unter dem Einfluss der mächtigen Wallenberg-Dynastie fusionierte Saab 1968 mit dem LKW-Hersteller Scania und firmierte von nun an unter dem Namen Saab-Scania. Die Ehe wurde 1995 geschieden, Scania ist heute eine Tochterfirma des Volkswagen-Konzerns.
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