Nach gerade mal zwei Tagen ist das Konklave beendet: Um 19:06 Uhr stieg über der Sixtinischen Kapelle weisser Rauch auf. Nach 20:15 Uhr war das Geheimnis gelüftet: Habemus papam! Jorge Mario Bergoglio gab sich den Namen Franziskus I.; er ist der 266. Papst der Geschichte und somit auch der 265. Nachfolger des Apostels Petrus.
Grosse Überraschung im Vatikan
Auf den ersten Jesuiten im Amt, Bergoglio, tippte im Vorfeld des Konklaves niemand. Mal wieder bewahrheitete sich die Floskel Wer als Papst ins Konklave geht, kommt als Kardinal wieder heraus. Meistgenannte Papabili waren der Erzbischof von Mailand, Angelo Kardinal Scola oder der Brasilianer Odilo Kardinal Scherer. Doch das Rennen machte – wie schon so oft – ein Aussenseiter. Der 76-jährige Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Kardinal Bergoglio wurde von den 115 wahlberechtigten Kardinälen auf den Heiligen Stuhl gehievt. Mit dem Namen Franziskus I. übernimmt er damit die Nachfolge von Joseph Ratzinger alias Benedikt XVI., welcher am 28. Februar in den Ruhestand trat. Gemäss vatikanischen Richtlinien wird er offiziell nur als Papst Franziskus bezeichnet, die römische Ziffer wird ihm nur beigefügt, sollte dereinst ein Franziskus II. auf dem Heiligen Stuhl Platz nehmen.
Überzeugender Auftritt auf der Loggia
Fast zu lange dauerte die Wartezeit zwischen dem Weissen Rauch und dem ersten Auftritt Franziskus’ I. auf der Loggia des Petersdoms, ehe der von der Parkinson’schen Krankheit gezeichnete Kardinalprotodiakon Jean-Louris Tauran auf den Balkon trat und mit dem berühmten Ausspruch Habemus papam! Jubelstürme unter den Gläubigern auf dem Petersplatz auslöste. Die Enttäuschung der Italiener, dass keiner den Ihrigen auf dem Stuhl Petri Platz nehmen konnte, wich spätestens, als der frisch gebackene Pontifex sich auf der Loggia zum ersten Mal seinen Schäfchen stellte. Mit Gebeten, einem weichen Klang bei der Aussprache der lateinischen Worte und dem Segen urbi et orbi machte Franziskus I. einen überzeugenden ersten Auftritt.
Tagesschau von Schweizer Radio und Fernsehen vom 13. März 2013 (Dauer: ca. 72 Minuten) mit dem ersten Auftritt von Papst Franziskus
Seine demütigende Haltung und das gemeinsame Beten mit den Gläubigen liessen ihn in einem positiven Licht erscheinen, zahlreiche Weltenbürger hoffen auf Reformen der immer noch am Zeitgeist vorbeilebenden katholischen Kirche. Auf Franziskus wartet nicht nur in diesem Bereich Arbeit, sondern auch innerhalb der vatikanischen Mauern; es gilt, die zerrütteten Strukturen wieder herzurichten, eine Aufgabe, vor der Benedikt XVI. wohl aufgrund seines Alters kapituliert hatte.
Wer ist der neue Pontifex?
Von Bergoglio ist nicht viel bekannt, obwohl er 2005 beim damaligen Konklave hinter Ratzinger den zweiten Platz erreichte. Der 1936 als Sohn eines Eisenbahnarbeiters Geborene war zunächst als Student von technischen Wissenschaften tätig, ehe er eine theologische Laufbahn einschlug. Wer auf einen liberalen Papst gehofft hat, wird durch die Wahl Franziskus’ bitter enttäuscht: In gesellschaftlichen Fragen ist Bergoglio konservativer Ansicht, er gilt als vehementer Gegner der Legalisierung der Homo-Ehe, auch der Abtreibung und der Empfängnisverhütung steht er ablehnend gegenüber. Aus diesem Grund ist er bereits mehrmals an das argentinische Präsidentenehepaar Cristina und Nestor Fernández de Kirchner geraten. Oftmals wird ihm eine starke Nähe zur Militärdiktatur vorgeworfen, er soll in das von der Junta praktizierte Verschwindenlassen von Regimegegner involviert worden sein, konkret soll er gemäss Vorwürfen von Menschenrechtsanwälten nicht regimetreue Priester den Schergen ausgeliefert haben. Nichtsdestotrotz wird der Jesuit in seiner argentinischen Heimat als Kardinal der Armen verehrt, was sich auch in seiner Namenswahl wiederspiegelt, lebte doch der Gründer des Franziskanerordens, Franz von Assisi, in bitterer Armut. 2001 wurde er vom damaligen Papst Johannes Paul II. ins Kardinalskollegium berufen, wo er diverse Posten innehatte. Er ist der erste Lateinamerikaner auf dem Stuhl Petri und nach Wojtila und Ratzinger der dritte Nicht-Italiener in Serie im Papstrock. Die Zeit der Sedisvakanz ist nun vorbei und ob Franziskus I. die in ihm gehegten hohen Erwartungen der krisengeschüttelten katholischen Kirche erfüllen kann, wird die Zukunft zeigen. Mit dem überzeugenden Auftritt auf der Loggia scheint der erste Schritt getan.
Einen Tag nach der Papstwahl aus der Tagesschau von Schweizer Radio und Fernsehen
Die erste Messe von Papst Franziskus am 14. März 2013