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Ein Roman mit Schauplatz Brunnen: Die Rache der Nachtspinnerin

Es ist ja eigentlich schon klar, dass Berichte über literarische Werke in der Computer-Generation nicht gerade für Begeisterungsstürme sorgen, doch dieses Buch ist eine Erwähnung wert: Die Rache der Nachtspinnerin aus der Feder des deutschen Ingenieurs, Architekten und Hobby-Schriftstellers Norbert Clemens. Denn das Werk spielt hauptsächlich in unserer Region: Nebst den Teilschauplätzen Amsterdam und Schwyz ist der Schwerpunkt der Handlung in Brunnen/SZ angesiedelt. Da stellt sich doch die Frage: Wie wird das Leben in unserer Region im Buch dargestellt?

Ein niederländischer Kommissar im Ruhestand als Hauptperson
Der Hauptcharakter des Werkes ist ein ehemaliger niederländischer Kommissar namens Peter Paul Berlange, der gemeinsam mit seiner Frau Sara – eine leidenschaftliche Kifferin – den gemeinsamen Lebensabend am Ufer von Vierwaldstätter- und Urnersee in Brunnen/SZ verbringt. Eines ist vorweggenommen: Das Werk ist stilistisch nicht gerade hochwertig, doch von einem Ingenieur und Architekten, also einem künstlerisch-mathematisch veranlagten Geist sind keine hochqualitativen Germanisitkwürfe zu erwarten, doch das Buch lässt sich zumindest gut und flüssig lesen, auch wenn beispielsweise Cannabis als Kanabis geschrieben wird. Ein kurzer Handlungsabriss: Bei der Bärfallen am Urmiberg stürzt ein regional bekannter, und nebenbei äusserst wohlhabender Politiker zu Tode. Nicht wenige Stimmen werden laut, dass die um etliche Jahre jüngere Ehefrau Nutzniesserin des Todes sei, da sie Alleinerbin sei. Auch Berlange glaubt nicht an einen Unfall und beginnt zu ermitteln…

Heikle Themenstellungen

Dieser Ausblick scheint Peter Paul Berlange besonders zu gefallen: Die Sicht gen Urnersee
Man merkt, dass Clemens die Gegend um Brunnen recht gut kennt. So sind zahlreiche Gebäude und Lokalitäten wie das Badhüsli, der Waldstätterhof, der Ochsen, die Kleinstadt, das Edelweiss oder die Galerie am Leewasser Schauplatz des Romans oder werden zumindest in den Ausführungen Clemens’ genannt, zudem dürfen der Föhnhafen oder Brauchtümer wie die Fasnacht nicht fehlen. Des Weiteren hat die dorfbekannte Sage von der Spinnerin auf der Leewasserbrücke Einlass in der Geschichte gefunden, ebenfalls richtig ist die Tatsache, dass sich einige niederländische Staatsbürger in der Gemeinde niedergelassen haben. Gar namentliche Erwähnung findet die Galeristin Monica Amstad. Zudem beschreibt Clemens das Stehchrägeler-Image der Schwyzer in Ingenbohl-Brunnen äusserst treffend. Jedoch sind gewisse Textstellen auch heikel: So ist beispielsweise der Fakt erwähnt, dass der aktuelle Chefredakteur einer lokalen Tageszeitung seinen Wohnsitz in Brunnen hat. Clemens bringt hier seine Fantasie etwas unglücklich mit einer pikanten Fiktionalität ins Spiel und beschreibt im Buch, dass dessen Frau ein Verhältnis mit dem Pfarrer habe – was keineswegs mit der Realität übereinstimmt. Glücklicherweise war und ist Die Rache der Nachtspinnerin kein Bestseller, ansonsten hätte es ein kleines Donnerwetter gegeben.
Auch hat die Brunner Bevölkerung im Buch kein gutes Image gefunden: Keine Ehepartner sind sich gegenseitig treu, ein Satz besagt sogar, dass alle geschlechtsreife Bürger Brunnens miteinander geschlafen haben. Eine zweite unglückliche Formulierung und eine ebenso zweiter unglücklicher Einfall von Clemens’ Fantasie, nur damit er im nächsten Satz wieder schreiben kann, dass das freizügige Auftreten gewisser Charakteren den biederen Brunner Christen sauer aufstösst. Diese beiden Beschreibungen sind doch paradox.
Nichtsdestotrotz fallen dem Brunner Bürger bei der Lektüre des Romans im Falle von Personenbeschreibungen etliche Male sofort einige Brunnerinnen oder Brunner ein, welche dem im Buch genannten Charakter in einigen Zügen ähnlich sind, obwohl natürlich die reine Fiktionalität beteuert wird.

Einsiedler Fortsetzung
Die Rache der Nachtspinnerin hat übrigens eine Fortsetzung gefunden, in der Peter Paul Berlange aber vorwiegend im Kloster Einsiedeln ermittelt. Wie im ersten Roman spielt auch in Das Gericht der Raben eine ortsbezogene Sage eine gewichtige Rolle: In Einsiedeln wird Bezug auf die Raben des Klosters genommen, die auf die Raben des Einsiedlers Meinrad zurückzuführen sind, auf Meinrad geht übrigens die Gründung des Klosters zurück. Das Kloster Einsiedeln war bereits in Michael Theurillats Rütlischwur ein wichtiger Schauplatz, der vierte Roman des ehemaligen UBS-Bankers rund um den Zürcher Kriminalkommissar Eschenbach besitzt übrigens auch eine kleine Sequenz, die in Brunnen und auf dem Vierwaldstättersee spielt.

Quintessenz
Als Endergebnis möchte ich verlauten, dass das Buch gar nicht mal so schlecht ist. Klar gibt es gewisse textliche und inhaltliche Mängel, aber Norbert Clemens praktiziert die Tätigkeit als Schriftsteller nicht als Hauptberuf. Der herausgebende Verlag, Books on Demand, ist übrigens kein Verlag im eigentlichen Sinne, denn hier kann jedermann sein Werk veröffentlichen, also quasi im Eigenverlag, nur dass Druck und Produktion von Books on Demand ausgeführt werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Verlagen wie Diogenes, Heyne oder Lübbe sind keine Manuskripte einzureichen, ebenfalls urteilen keine Lektorinnen oder Lektoren über das Erscheinen des Buches, denn gegen eine kleine Gebühr wird jedes literarische Werk veröffentlicht, was aber auch den Anspruch an Books on Demand-Werke sinken lässt. Jedoch nagt die Beschreibung der Brunner Bevölkerung als sexsüchtiges und untreues Volk ein bisschen, zumal wir in einem zweiten Satz wieder als biedere Katholiken verschrieen werden.

Links

  • Die Rache der Nachtspinnerin im Schweizer Online-Verkaufsportal buch.ch
  • Die Rache der Nachtspinnerin auf books.ch, dem Onlineportal der Buchhandelskette Orell Füssli
  • Die Rache der Nachtspinnerin bei Ex Libris