Orell Füssli und Thalia – Zwei Bücherriesen spannen zusammen

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Die Buchhandelsketten Orell Füssli und Thalia Schweiz beschliessen, ihre Buchhandelsaktivitäten zusammenzulegen, um im Buchmarkt weiter bestehen zu können. Zusammen betreiben die beiden Unternehmen 36 Filialen in der Deutschschweiz und beschäftigen rund 1000 Angestellte. Was bedeutet das für die Schweizer Buchhandelsbranche?

Ingesamt 36 Filialen

Bald unter einem Dach: Orell Füssli und Stauffacher (Thalia)
Bald unter einem Dach: Orell Füssli und Stauffacher (Thalia)

Heute gaben Orell Füssli und Thalia Schweiz ihren Zusammenschluss bekannt. Die Zürcher Orell Füssli betreibt 14 Filialen in grösseren Schweizer Städten unter den Namen Orell Füssli, restseller by Orell Füssli und Rösslitor Bücher, während die aus den Buchhandlungen Stauffacher und Jäggi hervorgegangene Thalia an 22 Standorten Läden besitzt, sowohl in grösseren Städten, als auch in ländlichen Gegenden. Überschneidungen gibt es vor allem aus historischen Gründen nur wenige, so beispielsweise in Basel, Bern und St. Gallen. Insgesamt 40 bis 50 der 1050 Stellen sollen durch den Zusammenschluss wegfallen.
Thalia Schweiz ist unter anderem durch diverse Übernahmen in vergangenen Jahren aus den Buchhandelsketten Jäggi und Stauffacher sowie einigen Kleinläden hervorgegangen und gehört zur gleichnamigen deutschen Buchhandelskette, welche wiederum Teil des Handelskonzerns Douglas mit der gleichnamigen Parfumeriekette als Zugpferd ist.
Die Fusion ist eine Reaktion auf die Abwanderung der Leserschaft Richtung Internet, so sagen die beiden Unternehmen unter anderem Amazon den Kampf an. Zwar sind die beiden Unternehmen mit den Plattformen books.ch (Orell Füssli) und buch.ch (Thalia) auch im Internet präsent, doch lässt sich so der Niedergang des Buchhandels nicht verhindern, auch weil sich das E-Book vor allem aus Kostengründen zu einer ernstzunehmenden Alternative des Buches gemausert hat.

Wer sind Orell Füssli und Thalia?

Die OF Buchhandlungs-AG, welche die Orell Füssli-Filialen betreibt, gehört zu 51% der Orell Füssli-Gruppe, welche unter anderem in einer anderen Sparte die Schweizer Banknoten druckt; die restlichen Anteile hält der Münchner Hugendubel-Verlag. Inwiefern die Anteile der neuen Gesellschaften aufgeteilt werden, ist noch unklar, denkbar ist eine 50-50-Aufteilung zwischen Thalia und Orell Füssli/Hugendubel. Sollte sich Hugendubel am Joint-Venture beteiligen, käme es zu einer absurden Situation: Gemeinsam mit dem Partner Weltbild ist Hugendubel in Besitz der Deutschen-Buchhandels-Holding (DBH), mit Ketten wie Hugendubel oder Weltbild plus! deutscher Marktführer im Bereich Buchhandel, während das im Hamburg domizilierte Unternehmen Thalia seit der Fusion Hugendubel/Weltbild nur noch die Nummer zwei darstellt. Dies wäre mit einer Situation vergleichbar, in der sich Coop und Migros gemeinsam an einer Firma im Ausland beteiligen.
Um gegen Onlinehändler wie Amazon bestehen zu können, haben DBH und Thalia zusammengespannt und gemeinsam mit dem Medienkonglomerat Bertelsmann die tolino-E-Readerplattform in Deutschland lanciert. In der Vergangenheit mussten beiden Unternehmen Geschäftsstellen schliessen.

Die Folgen für den Schweizer Buchmarkt

Aktuell wird der Schweizer Buchmarkt von vier Unternehmen beherrscht: Der Migros-Tochter Ex Libris, Orell Füssli, Thalia und der Lüthy-Balmer-Stocker-Gruppe. Während Ex Libris die Buchpreise dem Euro-Kurs anpasst, haben Thalia und Orell Füssli fixe Umrechnungen, weswegen Ex Libris weitaus kostengünstigere Preise anbietet.
Für die Buchhandelsbranche bedeutet diese Fusion, die noch von den Wettbewerbsbehörden genehmigt werden muss, eine neue Konsolidierung. Nun dominieren drei Unternehmen den Markt, kleinere Buchhandlungen sind noch mehr vom Aussterben bedroht.
Für die Abwanderung Richtung Amazon sind die Unternehmen aber auch selber verantwortlich, denn der Kunde schnappt sich meistens das kostengünstigste Produkt, wofür auch mal der Weg über die Grenze nach Konstanz zu Osiander oder Hugendubel auf sich genommen wird.
Eine Besserung ist nicht in Sicht, trotz grosser Beliebtheit kämpft beispielsweise auch Ex Libris mit akuten Problemen, auch hier sind Filialschliessungen in Sicht, so macht das Damoklesschwert auch über dem Flagschiff an der Zürcher Bahnhofstrasse nicht Halt, eine Schliessung dieses Geschäfts ist nahezu beschlossene Sache. Ein Grossteil des Umsatzes generiert Ex Libris mittlerweile im Internet, aber hier können die Onlineplattformen von Orell Füssli und Thalia wegen den höheren Buch- und Portopreisen nicht mithalten.
Ein interessanter Aspekt dürfte übrigens die künftige Namenswahl sein: Orell Füssli ist im Gegensatz zu Thalia in der Schweiz als Marke verankert, aber Thalia hat in den vergangenen Jahren eine Ein-Marken-Strategie in Deutschland, Österreich und der Schweiz verfolgt, so dass alle Buchhandlungen, welche in Verbindung mit Thalia stehen, auch diesen Namen tragen.

Weblinks

  • Artikel der WOZ
  • orellfuessli.com – Website der Orell Füssli-Gruppe
  • books.ch – Webportal der Orell Füssli Buchhandlungs AG
  • thalia.ch – Website der Thalia Schweiz
  • buch.ch – Webportal von Thalia
  • Artikel der NZZ zum Thema
  • Artikel des Tages-Anzeigers zum Thema