Urmibergachse: Kantonale Nutzungsplanung steht

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Am 7. November hat der Kanton Schwyz zu einer Informationsveranstaltung ins MythenForum Schwyz geladen, um die Kantonale Nutzungsplanung in Bezug auf die Entwicklungsachse Urmiberg zwischen Brunnen und Seewen vorzustellen. Dabei ging es vielmehr um Richtwerte zur Nutzung von Gebieten, aber auch über die Führung neuer Strassen.

Neue Strassen in beiden Gebieten
Zur Erschliessung des Zeughausareals wird nicht wie zunächst vorgesehen, eine Strasse durch Unterseewen erstellt, sondern die Anbindung erfolgt jetzt parallel zur bisherigen Franzosenstrasse am Bahnhof Seewen vorbei, wo die Strasse in einem geplanten Kreisel an die Bahnhofstrasse angeschlossen wird. Die bisherige Lanternbrücke der Muotastrasse in Seewen wird abgebrochen und durch eine neue ersetzt, damit die Strasse ihre Fortsetzung zur Seewenstrasse finden kann. Der Durchgangsverkehr durch Unterseewen wird aufgehoben, alle PKW’s und LKW’s werden zukünftig via Franzosenstrasse und Bahnhof zum Autobahnanschluss bein Zingel geführt. Richtung Süden wird zwischen dem Zeughausareal und dem 16-ni eine neue Brücke über die SBB-Linie errichtet, die bisherige Lanternbrücke, die zum Wintersried führt, wird abgebrochen. Der neue Knoten Franzosen-/Muotastrasse ist in Form eines Kreisverkehrs geplant.
Richtung Süden wird die bisherige Seewenstrasse zwischen dem 16-ni und Höhe Alpenrösli Ingenbohl ausgebaut, zudem wird wohl die Eigentümerschaft vom Bezirk zum Kanton wechseln. Nach dem Alpenrösli folgt eine korrigierte Linienführung ins Industriegebiet Stegstuden, wo eine neue T-Kreuzung geplant ist. Die Seewenstrasse wird über eine neue Brücke – die bisherige muss weichen – über die SBB-Strecke und dann via Fischzucht zum momentan in Bau befindlichen Gätzlikreisel geführt. Von der Stegstuden aus wird dann parallel zur SBB-Linie die Erschliessung des Entwicklungsgebietes Brunnen Nord vorgenommen. Die Regelung des Verkehrs auf der Kreuzung Stegstuden würde mit Vorteil mittels Lichtsignalanlagen erfolgen. Zudem sollen für die Sicherheit der Fussgänger diverse Zebrastreifen mit Lichtsignalanlagen versehen werden: Nebst neu zu bauenden in Brunnen Nord, derjenige bei der Bushaltestelle Klosterstrasse in Ingenbohl und derjenige zwischen Coop und Kantonalbank in Brunnen.

Hier unter dem Viadukt beim Bahnhof Brunnen durch soll die Erschliessung erfolgen
Vom Bahnhof Brunnen her wird in einer provisorischen Phase die Verbindung mittels Industriestrasse hergestellt, die Führung zum zur Zeit im Baustadium stehenden Kreisel am Bahnhofplatz wird mittels Wylenstrasse und Park&Ride geführt, so dass die Zufahrt kreuzungsfrei in die Schwyzerstrasse eingefädelt wird. Es wird wohl ein richtungsgetrennter Verkehr in Form eines symbolischen Grosskreisel geben. In einem Vollausbau in Abstimmung mit der geplanten Hertipark-Überbauung soll dann parallel zum SBB-Trassee eine neue Hauptstrasse entstehen. Möglich wäre es aber auch, die neue Strasse zwischen den heutigen Lagerhausparzellen – wo stillgelegte Gleise stehen – zu führen, um dann im geplanten Platz vor dem Getreidesilo einen Knoten zu bilden.
Heute Parkplätze, morgen Erschliessungsstrasse: Gebiet beim Viadukt Brunnen

Übrigens vom Tisch ist die ursprünglich vorgesehene Strasse vom Holcim-Areal unter der SBB hindurch zur Kreuzung Seewenstrasse/Mettlenweg. Obwohl die Unterführung bereits heute existiert, hätte ein Ausbau eben dieser zu einem Eingriff ins Brunner Grundwassersystem geführt.

Geplante Nutzung der Entwicklungsgebiete
Im Zeughausareal Seewen wird eine vornehmlich gewerbliche Nutzung angestrebt, nur für gerade mal 20 Personen soll Wohnraum geschaffen werden. Drei Gebäude sind auch denkmalgeschützt, sie werden in ihrer bisherigen Form erhalten bleiben. Die anderen dürfen durch Neubauten ersetzt werden. Eingangs Zeughausareal wird ein öffentlicher Platz als Portal geschaffen, dahinter folgt das Areal. Geplant sind nebst Büros und Läden auch Kulturräume und Gastrobetriebe, aber auch Lagerräume. Die maximale Gebäudehöhe beträgt zwischen 20 und 26 Metern. Optional ist die Erweiterung des Gebiets auf eine Parzelle der Arthur Weber AG, die noch zu prüfen sei.
In Brunnen-Nord sind drei Entwicklungsgebiete vorgesehen: Brunnen Nord A (Lagerhäuser/Hertipark), Brunnen Nord B (Hertiturm/Lagerhäuser Hertistrasse, Reismühle und Getreidesilo) sowie Brunnen Nord C (Holcim-Areal/Nova Brunnen). Die Stegstuden wird weiterhin Industriezone bleiben.

Das als Brunnen Nord B bekannte Hertiturm-Areal
In Brunnen Nord A soll eingangs der geplanten Hertiparküberbauung ein Quartierplatz entstehen, ansonsten ist von allfälligen Bauten noch nichts bekannt. Die BSS Architekten haben zwar mal einen Entwurf unter dem Namen Herti Plus publiziert, doch es ist nicht bekannt, in welchem Planungsstand die Bauten zurzeit sind. In Brunnen Nord B sollen die Reismühle und das Getreidesilo voraussichtlich beibehalten werden und ihre industrielle Nutzung behalten, aber was mit dem Silo bei den Lagerhäusern Hertistrasse geschieht ist derzeit noch unklar. Hier sollen sicherlich Wohnungen, aber auch ein Quartierplatz vor der Reismühle entstehen. Was Brunnen Nord C anbelangt, ist man mit der Überbauung Nova Brunnen schon auf einem guten Weg, die Baueingabe für die erste Etappe ist ja bekanntlich bereits erfolgt. Jedoch widerspricht sich der Nutzungsplan ein wenig mit den Plänen der Architekten, so ist in der vierten Etappe für Nova Brunnen ein Hochhaus geplant, während der Kanton die maximalen Gebäudehöhen für Neubauten auf 20 Meter beschränkt.
Insgesamt sind im Zeughausareal 700 Arbeitsplätze vorgesehen, des Weiteren sollen 600 Parkplätze angelegt werden. 82% der Bruttogeschossflächen von insgesamt 50’000 Quadratmetern sollen Dienstleistungen und Gewerbe zur Verfügung stehen.
In Brunnen-Nord sollen zukünftig 1200 Menschen arbeiten, dem sind bei maximalem Wohnungsanteil rund 1800 Einwohner gegenübergestellt. Rund zehn bis zwanzig Prozent der Wohnflächen je nach Gebiet wird dem gemeinnützigen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt, was ein Wunsch war, denn die Immobilienpreise im Talkessel steigen stark an. Insgesamt sind in Brunnen-Nord zwischen 2100 und 2600 Parkplätze vorgesehen, die meisten unterirdisch, so ist nebst dem Gemeindeparkplatz eine neue kommunale Parkplatzanlage geplant.

Weitere Entwicklungsgebiete
Beide Gemeinden besitzen weitere Entwicklungsgebiete, in Schwyz sind in der Nähe des Kollegiums in absehbarer Zukunft Bauten auf einer Fläche von 44’000 Quadratmetern vorgesehen. Auch im Diesel bei Ibach sind noch Landreserven vorhanden, genauso wie zwischen dem Gerbihof und der ehemaligen Paletta. Zudem könnte das Gebiet Seewen Feld bei der Kreuzung T8/Steinerstrasse zukünftig bis zu 2000 Menschen Wohnraum bieten.
In Ingenbohl-Brunnen wiederum könnten die Quartiere Rubisacher und Schillerrain noch erweitert werden, während zahlreiche weitere Freiflächen zur Verfügung gestellt werden könnten: So wäre die Allmeindwiese im Westen Brunnens mittel- und langfristig als Bauzone vorgesehen, ihre Fläche beträgt rund 60’000 Quadratmeter. Weitere 70’000 Quadratmeter würden für die Erweiterung des Gätzli-/Kilchmatt-Quartiers in Ingenbohl dienen, die Bauflächen könnten sich dann bis zur Schönenbuchstrasse erstrecken. Das Föhneneichgebiet zwischen Luzernerstrasse, Föhneneichstrasse und Sportplatzweg hat zur Zeit den Status als Landreserve im Kriegsfalle inne, die vier Hektaren umfassende Fläche könnte in Zukunft aber ebenfalls in eine Bauzone umgewandelt werden. Angestrebt wären sowohl hier als auch im Gätzli eher Einfamilienhäuser.

Steht ebenfalls vor einer ungewissen Nutzung: Die Fischzucht in Ingenbohl
Ebenfalls könnte Brunnen-Nord auf der gegenüberliegenden Seite der Bahnlinie erweitert werden, das brachliegende Areal der Fischzucht könnte zusammen mit angrenzenden Landwirtschaftsflächen ebenfalls bebaut werden. Die Eigentümerin des sich in der Gewerbezone befindlichen Fischzuchtareals, die Victorinox, wartet aber ab, bis die Strassenführung definitiv ist, was eigentlich jetzt der Fall zu sein scheint. Weiters könnten auch die Parzellen zwischen Mettlenweg und SBB bebaut werden, hier aber eher mit Wohnungen.
Zu viel darf allerdings nicht zersiedelt werden, in den neuen Quartieren soll dementsprechend auch Platz für Grünflächen reserviert werden. Persönlich hätte ich auch nichts gegen Teiche oder Springbrunnen.

Kritikpunkte
Das ist der dritte Artikel, in dem ich mich kritisch gegenüber dem Kanton und insbesondere seinem Lieblingsspielzeug Anschluss Mitte äussere. Die Planung macht jetzt zwar Sinn, trotzdem hat er einen Schwachpunkt: Den Anschluss Mitte. Die Idee eines neuen Autobahnanschlusses ist zwar nicht schlecht, doch was weder in Zeitungen oder Dossiers kommuniziert wird, ist der Fakt, dass dem Anschluss Mitte der Autobahnanschluss Brunnen weichen muss. Wieso nicht der von Seewen? Und wieso wird das nicht klar und deutlich gesagt, sondern ist nur zwischen den Zeilen erahnbar? Hat der Kanton etwa Angst, dass man sich dagegen wehrt? Der Anschluss Mitte dient eigentlich nur Unterseewen, damit die Lastwagen des nahegelegenen Logistikzentrums nicht mehr durchs Dorf fahren und gewisse Leute verärgern. In dieser Ansicht wäre er sinnvoll, aber mit der neuen Strassenplanung wird ja Unterseewen vom Durchgangsverkehr befreit. Also wozu noch diesen Anschluss?
Unter Entwicklung verstehe ich etwas anderes, denn das Wort bedeutet nicht, dass eine Gemeinde mit zurzeit 8200 (und wenn es nach dem Kanton geht bald 10’000) Einwohnerinnen und Einwohnern ihres Anschlusses an das Schweizerische Nationalstrassennetz beraubt wird. Mit dem Bau der Axentunnels, für die ja im Gegensatz zur NEAT im wahrsten Sinne des Wortes Berge versetzt werden, wird die Anbindung schon abgeschwächt, da der Halbanschluss Brunnen Süd geschlossen wird. Auch die Begründung, dass die Verkehrszahlen zwischen den Anschlüssen Schwyz und Brunnen keine vierspurige Strasse rechtfertigen, ist nicht nachvollziehbar. Jedem, der nicht meiner Meinung ist, rate ich, im Zeitraum 17.30-18.00 mal den Anschluss Brunnen-Nord zu passieren. Dann reden wir weiter. Soll der Anschluss Mitte gebaut werden, dann darf kein Anschluss – weder Schwyz noch Brunnen – auch im kleinsten Sinne reduziert werden. Die neue Kantonsstrasse soll die bisherige Hauptachse Schwyz-Brunnen entlasten und nicht total vom Verkehr befreien. Denn so hätten wir das gesamte Verkehrsaufkommen verlagert und kein Problem wurde gelöst.
Auch werden in punkto Öffentlicher Verkehr keinerlei Projekte bekannt gegeben. Eine Buslinie zwischen den Bahnhöfen Brunnen und Schwyz soll sicherlich eingerichtet werden, zudem könnten noch S-Bahn-Stationen zur Erschliessung der Entwicklungsgebiete Brunnen Nord und Zeughausareal erstellt werden. Dumm nur, dass 2016 der Gotthard-Basistunnel eröffnet wird und der Regionalverkehr auf der Schiene somit gefährdet ist, aber der Kanton gegenüber der SBB keinen Druck aufsetzt. Ein drittes Gleis zwischen Brunnen und dem Bahnhof Arth-Goldau ist als provisorische Ausbaumassnahmen möglichst kurzfristig zu erstellen, aber da die SBB für solche Projekte nicht alleine aufkommt, muss halt der Kanton einen Anteil bezahlen. Aber wie sich der Kantonsrat mit Investitionen im Bereich des ÖV verhält, wissen wir ja spätestens seit den Krediten für den Bahnhof Biberbrugg, zumal der Kanton kein Gesetz zur Kostenbeteiligung an Bahnprojekten kennt.
Sehr traurig finde ich auch die Kirchturmpolitik des Kantons für den Hauptort Schwyz. Das Entwicklungsgebiet Brunnen Nord ist rund viermal so gross wie dasjenige des Zeughausareals, trotzdem sind die Infrastrukturausbauten nur auf das Bedürfnis des Hauptorts ausgerichtet. So soll Schwyz neu zwei Autobahnanschlüsse umfassen, Brunnen keinen mehr, und die geplante S-Bahn-Station soll nicht mehr, wie ursprünglich geplant, in der Ingenbohler Stegstuden verwirklicht werden, sondern jetzt zwischen Autobahnüberführung und Muotabrücke in just diesem Zacken der Gemeinde Schwyz, der zu zwei Dritteln von Ingenbohl umgeben ist. In diesem Gebiet befindet sich gerade mal die ARA (Dieser Standort ist alleine schon ein Affront, den Gestank haben sowieso nur die Ingenbohler und die Brunner am Hals) und sonst nichts, was eine Bahnstation rechtfertigen würde. Solche Gebiete würden sich weiter südlich in der Stegstuden, der Mettlen und dem zukünftigen Nova Brunnen-Gebiet befinden. Aber dass für den Kanton nur die Gemeinde Schwyz hohe Priorität geniesst, ist ja einschlägig bekannt. Wir leben hier in einem föderalistischen Land, wer zentralisierte Verhältnisse will, kann doch nach Frankreich ziehen!
Mittelfristig sollen dann als NEAT-Zufahrt der Urmiberg- und der Axentunnel erstellt werden, um Kapazitäten auf der Stammstrecke zu schaffen. Möglich wäre hier der Bau einer InterCity-Station Brunnen Nord auf der Brücke über die Schwyzerstrasse, zusammen mit der nahe gelegenen AAGS-Bushaltestelle Gätzli könnte sie die Gemeinden Ingenbohl und Schwyz an die NEAT anschliessen.

Links

  • Fallmodul Testplanung Urmibergachse des Instituts für Raum- und Landschaftsplanung (IRL) der ETH Zürich
  • Fallmodul Felderboden des Instituts für Raum- und Landschaftsplanung (IRL) der ETH Zürich
  • Das ausführliche Dossier zur Informationsveranstaltung zur Urmibergachse vom 7. November 2011
  • Siehe auch

  • Wie soll denn das gehen? – Artikel über Verkehrsprobleme im Talkessel Schwyz
  • Nova Brunnen: Baueingabe für 1. Etappe erfolgt – Artikel über das neue Quartier Nova Brunnen und die Verkehrserschliessung
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